Goldpreis

Vom Zins­anstieg gedrückt

Das sehr unsichere Umfeld und die hohe Inflation bilden eigentlich ein konstruktives Umfeld für den Goldpreis. Doch das Edelmetall steht seit Wochen unter Druck. Das liegt vor allem am Zinsanstieg.

Vom Zins­anstieg gedrückt

Nach herkömmlichem Verständnis ist das aktuelle Umfeld für den Goldpreis in mehrfacher Hinsicht eigentlich konstruktiv. In der Ukraine tobt ein furchtbarer Krieg, dessen Ausgang und langfristige Konsequenzen unabsehbar sind und der somit für erhebliche Unsicherheit sorgt. Hinzu kommen die Risiken, die von den Lockdowns in China ausgehen, welche die für die Weltwirtschaft wichtige Nachfrage des Landes und nicht zuletzt die Lieferketten stark beeinträchtigen. Zudem ist die Inflation sehr stark gestiegen, so dass Gold nicht nur als Krisenwährung, sondern auch als Schutz vor Geldentwertung hoch im Kurs stehen sollte.

Doch das Gegenteil ist derzeit zu beobachten. Der Goldpreis steht seit Wochen unter Druck und hat nun Tiefen unter 1800 Dollar erreicht. Damit hat er sich deutlich von dem nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine erreichten Hoch von 2070 Dollar entfernt. Er liegt dadurch nun auch im Vergleich zu Ende 2021 (1828 Dollar) im Minus.

Ein häufig genannter Grund für die Schwäche des gelben Edelmetalls ist der Höhenflug des Greenback. Der Dollar-Index, der die Entwicklung der amerikanischen Währung zu sechs anderen Industrieländer-Valuten abbildet, ist auf den höchsten Stand seit zwanzig Jahren gestiegen. Da Gold in Dollar abgerechnet wird, verteuert sich das Metall entsprechend in anderen Währungen, darunter nicht zuletzt im ebenfalls deutlich gesunkenen Yuan, was die wichtige chinesische Nachfrage trifft.

Von größerer Bedeutung ist aber die globale Zinswende, die einer der Gründe für die Dollar-Stärke ist. Gold wirft nun einmal keine Zinsen ab, so dass mit anziehenden Zinsen die Opportunitätskosten für die Halter des Edelmetalls entsprechend steigen. Der Dollar wird attraktiver und zu einem harten Konkurrenten als Safe-Haven-Anlage, weil Anleger auch in den kurzen Anleihelaufzeiten mit Zinsen von 3% angelockt werden.

Letztlich ereilt das Edelmetall das gleiche Schicksal, das auch andere Assets wie etwa Technologieaktien beziehungsweise Growth-Werte trifft. Jahrelang wurden sie von der ultralockeren Geldpolitik, durch die gerade auch der US-Leitzins bis auf nahe null gedrückt wurde, getrieben. Von Mitte August 2018 bis zum jüngsten Hoch von 2070 Dollar hatte der Goldpreis dadurch um nahezu 75% zugelegt. Die Entscheidung der amerikanischen Zentralbank, wesentlich schneller und kräftiger als zuvor erwartet mit Leitzinserhöhungen gegen die Inflation ins Feld zu ziehen, musste zwangsläufig auch beim Goldpreis Luft rausnehmen.