Verbraucherpreise

Britische Inflation nimmt weiter Fahrt auf

Dem britischen Schatzkanzler Jeremy Hunt bläst der Wind ins Gesicht, wenn er am Donnerstag seinen Haushaltsentwurf vorlegt. Die Teuerungsrate stieg im Oktober auf 11,1 %.

Britische Inflation nimmt weiter Fahrt auf

hip London

Höhere Energie- und Lebensmittelpreise haben die britische Teuerungsrate im Oktober auf den höchsten Stand seit 1981 getrieben. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, beschleunigte sich der Preisauftrieb von 10,1 % im September auf 11,1 % – fast das Doppelte des zuletzt gemeldeten Lohnwachstums. Bankvolkswirte hatten im Schnitt 10,7 % auf der Rechnung. Man muss bis 1977 zurückgehen, um einen Monat zu finden, in dem sie um einen ganzen Prozentpunkt nach oben sprang. Der Verbraucherpreisindex zeige, „dass die Inflation keinesfalls ihren Höhepunkt erreicht hat, sondern weiter steigt“, sagte David Bharier, Head of Research beim britischen Handelskammerdachverband BCC. Die Erzeugerpreise stiegen um 19,2 %. „Wir sprechen mit Tausenden von Unternehmen, die uns sagen, dass das untragbar ist“, sagte Bharier.

Unterdessen sucht man bei der Bank of England nach Erklärungen für den allgegenwärtigen Arbeitskräftemangel. Der Umstand, dass sich Briten vom Arbeitsmarkt verabschieden, sei „ein Rätsel“, sagte die Geldpolitikerin Catherine Mann am Mittwoch vor Unterhausabgeordneten. Sie frage sich, wie die Menschen klarkommen, die weder arbeiten noch Arbeit suchen. Notenbankchef Andrew Bailey antwortete auf die Frage, ob die Bank of England zu langsam auf die Inflation reagiert habe, dass die Serie von Schocks, von denen die britische Wirtschaft getroffen wurde, schwer vorhersehbar gewesen sei.

Gedämpfte Erwartungen

„Wir wissen, dass wir eine hohe Inflation haben und was die Ursache dafür ist“, sagte James Lynch, Investmentmanager bei Aegon Asset Management. Volkswirte rechnen derzeit mit einem Zinsschritt von 50 Basispunkten auf dann 3,50 %. Eine weitere Anhebung der Zinssätze würde nicht zu einer Senkung der Energiepreise führen, sondern zu einer größeren Vernichtung von Nachfrage. „Die bereits prognostizierte Rezession würde also noch schlimmer ausfallen.“ Er gehe deshalb davon aus, dass die Notenbank die Zinssätze weniger stark anheben wird, als am Markt erwartet. Dort wird derzeit für das kommende Jahr ein Leitzins von etwas mehr als 4,50 % eingepreist. So sieht es auch der Devisenstratege Lee Hardman von der japanischen MUFG.

Hätte die Regierung von Liz Truss die Energierechnungen der privaten Haushalte nicht bei 2 500 Pfund pro Jahr gedeckelt, wäre die Inflation noch höher ausgefallen. Der Regulierer Ofgem hätte die Preisobergrenze voraussichtlich bei etwa 3 450 Pfund festgesetzt. Allerdings zahlten britische Haushalte vor dem Krieg in der Ukraine im Schnitt nur 1 300 Pfund pro Jahr, betonte James Richard Sproule, der bei Handelsbanken für Großbritannien zuständige Volkswirt. Die hohe Teuerung, empfindliche Reallohnverluste und steigende Zinsen bilden den Hintergrund, vor dem Schatzkanzler Jeremy Hunt am Donnerstag seinen Haushaltsentwurf (Autumn Statement) vorlegen wird. Bharier fordert dagegen „einen klaren Plan zur Ankurbelung von Investitionen und Wachstum, sowie gezielte Maßnahmen zur Milderung der spezifischen Gründe der Teuerung“. Sollte Hunt nicht liefern können, drohe dem Land „eine tödliche Kombination aus Rezession und galoppierender Inflation“.

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