Chinas Exportboom verkümmert
Chinas Exportboom verkümmert
nh Schanghai
Sechs Wochen harter Lockdown in Schanghai und verschärfte Corona-Restriktionen in zahlreichen anderen chinesischen Großstädten hinterlassen eine immer bedenklichere wirtschaftliche Schadensbilanz im Reich der Mitte. Zu Beginn der Woche haben sich die Befürchtungen bestätigt, dass die als „Zero Covid“ bezeichnete chinesische Nulltoleranzpolitik in Sachen Corona nun auch Chinas erfolgsverwöhnte Exportmaschinerie ins Stottern bringt und damit einen entscheidenden Wachstumstreiber für die chinesische Wirtschaft sukzessive lahmlegt.
So zeigen die neuen Daten der chinesischen Zollbehörden für den April, dass Chinas Exportentwicklung rapide an Schwung verliert, während auf der Importseite kräftig steigende Energiepreise für einen immer stärkeren Inflationsdruck sorgen. Laut den Angaben vom Montag sind Chinas Ausfuhren im April zwar noch um knapp 4% gegenüber dem April 2021 vorangekommen, doch bedeutet dies eine gewaltige Dynamikeinbuße. Denn Chinas Exportwirtschaft konnte den Pandemieausbruch vom Winter 2020 blitzschnell überwinden und glänzte über fast zwei Jahre hinweg mit imposanten zweistelligen Zuwachsraten. Auf Dollarbasis gerechnet sah man im April ein Plus um 3,9% auf 273,6 Mrd. Dollar, was die geringste Zuwachsrate seit Juni 2020 bedeutet. Im März hatte die Wachstumsrate noch bei +15% gelegen, was bereits einen deutlichen Abstieg zu den über 2021 hinweg gewohnten Anstiegsraten von 30 bis 40% bedeutete (siehe Grafik).
Auf der Importseite wiederum sieht man einen völlig flachen Trend bei Einfuhren über 222,5 Mrd. Dollar. Damit pendelt sich der monatliche Handelsüberschuss nahe bei 50 Mrd. Dollar ein.
Trübere Perspektiven
Die Analysten sind sich darüber einig, dass sich Chinas Außenhandelsperspektiven im weiteren Jahresverlauf deutlich verschlechtert darstellen und die Exporte von Mai an im Vorjahresvergleich sukzessive immer stärker schrumpfen werden. Als wichtigster Belastungsfaktor gelten den Experten die Lockdown-Maßnahmen und Transportrestriktionen, die vor allem den Seefrachtweg enorm behindern und verteuern. Gleichzeitig sorgt aber auch der Ukraine-Krieg für erschwerte Bedingungen und dämpft die globale Nachfrage nach chinesischen Exportgütern.
Nachdem Chinas Außenhandel im vergangenen Jahr mit gut einem Drittel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft beigetragen hat, dürfte der absehbare Schwungverlust die Konjunkturperspektiven im weiteren Jahresverlauf weiter eintrüben. Für den Lockdown in Schanghai gibt es bis zumindest Ende Mai keinerlei Aussichten auf ein Zurückfahren der Restriktionen. Weitere Lieferkettenstörungen sind somit vorprogrammiert. Zudem beobachtet man in anderen Ballungsgebieten und insbesondere auch in der Hauptstadt Peking signifikante Ausweitungen von Mobilitätsrestriktionen, die bereits in Richtung eines harten Lockdown gehen.
Notenbank liefert nicht
Chinas Premierminister Li Keqiang hatte am Wochenende eine erneute Warnung zur Beschäftigungssituation vom Stapel gelassen und Regierungsstellen sowie Lokalbehörden dazu aufgerufen, Jobsicherungsmaßnahmen zu priorisieren. Gleichzeitig wurden Betriebe zu einer Wiederaufnahme der Produktion unter besonderen Corona-Schutzprotokollen aufgefordert. Bislang allerdings haben solche Initiativen nur sehr begrenzten Erfolg gezeitigt. Als wenig überzeugend werteten Marktteilnehmer am Montag auch eine weitere Verlautbarung der Zentralbank hinsichtlich verstärkter Bereitschaft zur Unterstützung der Konjunktur. In den vergangenen Monaten hatte man bereits ein Dutzend solcher Ankündigungen erlebt, ohne dass erkennbare Stimulierungsmaßnahmen folgten.
