Konjunktur

Chinas Wirtschaft kühlt immer stärker ab

Schwächeres Wachstum in der Industrie, schleppender Konsum und weitere Schrumpfung bei den Investitionen: In China wachsen die Konjunktursorgen. Die Regierung hat es mit Stimuli aber noch nicht eilig.

Chinas Wirtschaft kühlt immer stärker ab

Chinas Wirtschaft kühlt immer stärker ab

Industrie verliert an Schwung – Konsum enttäuscht trotz Saisonhöhepunkten – Verstärkter Einbruch bei den Sachinvestitionen

nh Schanghai

Chinas Konjunktur lässt zum Eintritt ins vierte Quartal deutlicher nach als erwartet. Am Freitag veröffentlichte Wirtschaftsleistungsdaten für Oktober stellen sich überraschend schwach dar. Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze weisen die niedrigsten Wachstumsraten in diesem Jahr auf. Besonders auffällig ist eine für China sehr ungewöhnliche Schrumpfungstendenz bei den Anlageinvestitionen. Sie rührt nicht nur vom Immobilienmarkt her. Seit Jahresmitte bröckeln auch die Sachinvestitionen in den Bereichen Fertigung und Infrastruktur immer stärker ab.

Industrie verliert an Schwung

Chinas Industrieproduktion kam mit einem Anstieg um 4,9% gegenüber Vorjahresmonat zwar solide voran, im Vormonat September und über das dritte Quartal hinweg sah man jedoch kräftigere Expansionsraten von 6,5 beziehungsweise 5,8%. Die Analysten hatten für Oktober mit einem Anstieg um 5,5% gerechnet.

Eine verlängerte Ferienpause im Nachgang zum chinesischen Nationalfeiertag dürfte mit entsprechenden Produktionsunterbrechungen zur Entschleunigung beigetragen haben, so dass eine gewisse saisonale Verzerrung zu berücksichtigen ist. In Verbindung mit schwächeren Auftragseingängen in der Exportindustrie und einer Eintrübung im Automobilsektor rechnen die Experten auch in den kommenden Monaten mit einem gedrosselten Expansionstempo.

Konsumkampagne flaut ab

Auch Konsumseitig lässt die Dynamik weiter nach. Im Oktober wuchsen die Einzelhandelsumsätze noch um 2,9% gegenüber Vorjahr, die niedrigste Expansionsrate seit Herbst vergangen Jahres. Chinas Konsumanregungskampagne mit Verbrauchersubventionen für Konsumelektronik, Elektroautos und Haushaltsgüter, ist etwas aus dem Tritt gekommen und bedarf einer neuerlichen Offensive.

Autoverkäufe lassen nach

Trotz einer verlängerten „Goldene Woche“ im Oktober und einem vorgezogener Anlauf auf das Singles Day Online-Shopping-Festival ließen saisonale Höhepunkte eine kräftigere Belebungswirkung vermissen. Als enttäuschend gelten rückläufige Pkw-Verkäufe im Oktober. Hier war mit Blick auf eine zum Jahresanfang 2026 greifenden Kappung von steuerlichen Vorteilen beim Kauf von E-Autos mit kräftigeren Vorzieheffekten zu rechnen.

Sachinvestitionen schrumpfen

Einige Rätsel gibt die Entwicklung der Sachinvestitionen auf. Sie werden vom Statistikamt für das aufgelaufene Jahr berechnet. Im Zeitraum Januar bis Oktober sieht man einen Rückgang von 1,7% im Vergleich zur Vorjahresperiode. Mit Ausnahme der Pandemiezeit ist es in China noch nie zu einem rückläufigen Fixed Asset Investment gekommen.

Stimulusdebatte

Als eine Erklärung gilt das Einwirken auf Überkapazitäten in einigen Sektoren. Dies hat zu wesentlich verringerten Projektausgaben auf Lokalregierungsebene geführt, aber auch private Investitionen im Industriebereich gebremst. Ein wichtiger Wachstumstreiber kommt nun kaum noch zur Entfaltung. Da die Exportkonjunktur nach starker Performance in den ersten drei Quartalen vor schwierigeren Zeiten steht, braucht es neue Impulse zur Absicherung des Wirtschaftswachstums.

Munition aufsparen

Aller Voraussicht nach wird sich Peking demnächst einen Ruck geben, und öffentliche Investitionen erneut ankurbeln. Das Wachstumsziel für das laufende Jahr von etwa 5% dürfte auch ohne größere Eingriffe noch knapp erfüllt werden. Entsprechend vermuten Analysten, dass sich Peking die Munition für energischere Stimuli eher für das kommende Jahr aufheben wird.