Zinswende

De Guindos bekräftigt EZB-Entschlos­senheit

Die EZB hat jüngst weitere Zinsschritte in Aussicht gestellt. Notenbank-Vize de Guindos untermauerte nun die Handlungsbereitschaft der Europäischen Zentralbank – trotz zunehmender Rezessionsgefahr.

De Guindos bekräftigt EZB-Entschlos­senheit

ms Frankfurt

Trotz zunehmender Kritik und verbreiteter Zweifel hat EZB-Vizepräsident Luis de Guindos die Absicht der Europäischen Zentralbank (EZB) zu weiteren deutlichen Zinserhöhungen bekräftigt und dabei die Rhetorik noch einmal leicht verschärft. De Guindos sagte in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der französischen Tageszeitung „Le Monde“, dass Zinsanhebungen um 50 Basispunkte eine Zeit lang zum Standardtempo, zur „neuen Norm“, werden dürften. Die bisher vorgenommenen Zinsschritte hätten zwar einen Einfluss auf die Inflation, man müsse aber mehr tun, sagte der Spanier.

Die EZB hatte bei ihrer Sitzung vergangene Woche doppelt überrascht: Einerseits hatte sie zwar ihre Leitzinsen wie erwartet um 50 Basispunkte erhöht – nach zuvor zwei Anhebungen um 75 Basispunkte in Folge. Unerwartet deutlich hatte sie aber weitere Zinsschritte und eine Anhebung in den restriktiven Bereich avisiert, also auf ein Niveau, das die Euro-Wirtschaft aktiv bremst – und das trotz zunehmender Rezessionssorgen. Andererseits hatte sie überraschend schon März als Starttermin für den Abbau der aufgeblähten EZB-Bilanz­ und ein Abbauvolumen beschlossen.

Vor allem die italienische Regierung hatte den EZB-Kurs nach der Sitzung scharf kritisiert. Aber zuletzt hatte sich auch beispielsweise Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schon kritisch geäußert und vor den Folgen für die Euro-Wirtschaft gewarnt. An den Finanzmärkten hatte die EZB zeitweise für große Enttäuschung gesorgt – zumal kurz zuvor auch die US-Notenbank die Hoffnung auf eine rasche Kehrtwende in Richtung einer weniger aggressiven Geldpolitik gedämpft hatte. Zugleich herrschen verbreitet Zweifel, ob die EZB die Zinsen so deutlich erhöhen wird wie jetzt avisiert. Teilweise gibt es auch bereits die Sorge vor einem Crash an den Finanzmärkten oder einer neuen Euro-Staatsschuldenkrise.

De Guindos untermauerte nun dennoch die Handlungsbereitschaft der EZB. Ungeachtet der Prognosen einer Winterrezession in der Eurozone müsse die geldpolitische Straffung fortgesetzt werden. „Erhöhungen um 50 Basispunkte könnten in nächster Zeit zur neuen Norm werden“, so de Guindos. „Wir sollten davon ausgehen, dass wir die Zinssätze für eine gewisse Zeit in diesem Tempo anheben werden.“ Die Inflation im Euroraum lag im November trotz eines unerwartet deutlichen Rückgangs immer noch bei 10,0% und damit fünfmal so hoch wie das EZB-Ziel von 2,0%.

„Politik-Dilemma“

„Unsere Zinssätze werden in den restriktiven Bereich gehen“, sagte de Guindos. „Die Schritte, die wir bisher unternommen haben, werden sich auf die Inflation auswirken, aber wir müssen noch mehr tun.“ Der schnellste Preisanstieg seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 könnte in diesem Quartal seinen Höhepunkt erreichen, hatte am Mittwoch das portugiesische EZB-Ratsmitglied Mario Centeno gesagt. Zugleich hatte er jedoch weitere Zinserhöhungen als „unvermeidlich“ bezeichnet.

Die griechische Zentralbank warnte diese Woche, dass die Anhebung der Kreditkosten wegen der Bremswirkung auf das Wirtschaftswachstum zu einem „Politik-Dilemma“ führe. In Deutschland hatte sich am Mittwoch das Gewerkschaftslager sorgenvoll geäußert. Die EZB dürfe die Rezession mit ihrer Zinspolitik nicht noch verschärfen, hieß es.