US-Konjunktur

Einzelhandel kurbelt US-Wirtschaft weiter an

Im Juni haben US-Verbraucher die Kassen im Einzelhandel kräftig klingeln lassen. Das beflügelt einerseits die Wirtschaft, lässt aber auch die Inflationsängste steigen.

Einzelhandel kurbelt US-Wirtschaft weiter an

det Washington

Der kräftige Anstieg der Einzelhandelsumsätze könnte im zweiten Quartal die US-Wachstumsrate weiter nach oben treiben. Laut Handelsministerium steigerten Einzelhandelsunternehmen im Juni ihre saisonbereinigten Verkaufserlöse um 0,6%. Erwartet hatten Bankvolkswirte einen Rückgang um 0,4%. Im Mai waren Einbußen von 1,7% gemessen worden. Für eine positive Überraschung sorgte die robuste Nachfrage nach Konsumgütern. Nachdem fast alle Staaten ihre Lockdowns beendet hatten, hatten Experten vorausgesagt, dass sich der Privatkonsum von Gütern auf Dienstleistungen verlagern würde. Zwar haben das Gastgewerbe, der Fremdenverkehr und die Freizeitindustrie von dem Aufschwung profitiert. Seit der Öffnung der Wirtschaft hat der gestiegene Kundenzulauf aber auch die Kassen der Warenhäuser kräftig klingeln lassen.

Dass die Umsätze im Vorjahresvergleich um 18,0% stiegen und nun sogar über dem Vorkrisenniveau liegen, unterstreicht die deutlich verbesserte Kauflaune der Konsumenten. So schossen im Gastgewerbe die Verkaufszahlen gegenüber Juni 2020 um mehr als 40% hoch. Ein Zuwachs um mehr als 47% wurde bei Bekleidung gemessen. Kräftige Steigerungen ermittelte das Ministerium auch bei Warenhäusern, elektronischen Produkten, Sportgeräten und Möbeln. Autohersteller litten hingegen unter der anhaltenden Halbleiterknappheit, steigerten ihre Umsätze im Vorjahresvergleich aber ebenfalls kräftig.

Den Einzelhandelsumsätzen kommt im gesamtwirtschaftlichen Kontext deswegen große Bedeutung zu, weil Verbraucherausgaben fast 70% der Wirtschaftsleistung in den USA ausmachen. Folglich erwarten Ökonomen mittlerweile, dass im zweiten Quartal das annualisierte Bruttoinlandsprodukt (BIP) um etwa 9% zunehmen könnte. Im ersten Quartal war die Wirtschaft annualisiert um 6,4% gewachsen. Für das gesamte Jahr erwartet die Notenbank eine Wachstumsrate von 7,0%.

Leicht gedämpft werden könnte die Stimmung aber von der Inflationsangst der Haushalte. In der ersten Julihälfte gab nämlich der Index der Verbraucherstimmung der University of Michigan überraschend von 85,5 auf 80,8 Punkte nach. Volkswirte hatten einen leichten Anstieg erwartet. Wie der für die Befragung zuständige Ökonom Richard Curtin sagte, „haben die Sorgen der Verbraucher über höhere Preise für Häuser, Autos und langlebige Haushaltsgüter einen Rekordstand erreicht“.

Trotz der steigenden Inflation hatte US-Notenbankchef Jerome Powell diese Woche bei seinen halbjährlichen Auftritten im Kongress betont, dass die Preissteigerungen nur vorübergehend sein würden und die Fed noch weit davon entfernt sei, von ihrer ultralockeren Geldpolitik Abstand zu nehmen. Indes haben Spekulationen um Powells Zukunft als Fed-Vorsitzender zugenommen. Seine erste Amtsperiode läuft Anfang 2022 ab. Ökonomen erwarten mehrheitlich, dass US-Präsident Joe Biden Powell für eine zweite Amtsperiode nominieren wird. Allerdings hat auch Fed-Gouverneurin Lael Brainard bereits Interesse an der Position bekundet.

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