Handelskonflikt

Europa gerät zwischen die Fronten

Brüssel in der Defensive: Auf der einen Seite will US-Präsident Trump höhere Zölle unbedingt durchdrücken. Auf der anderen Seite droht China der EU mit Gegenmaßnahmen wegen der neuen Russlandsanktionen.

Europa gerät zwischen die Fronten

Europa gerät zwischen die Fronten

Trump verweigert sich einem Zolldeal – China droht mit Maßnahmen bei Russland-Sekundärsanktionen

Europa wird in die Defensive gedrängt: Auf der einen Seite will US-Präsident Trump höhere Zölle unbedingt durchdrücken – Diplomaten zufolge pochen die USA auf Sätze von 15 bis 20%. Auf der anderen Seite droht China der Europäischen Union mit Gegenmaßnahmen wegen der neuen Russland-Sanktionen.

lz Frankfurt

Die Verhandlungsposition von US-Präsident Donald Trump gegenüber Brüssel hat sich dem Vernehmen nach deutlich verhärtet. Zwar zeigte sich US-Handelsminister Howard Lutnick nach eigenen Angaben „zuversichtlich“ für eine Einigung auf ein Handelsabkommen, doch wird offenbar aus dem Weißen Haus signalisiert, dass man um Zölle zwischen 15 und 20% wohl nicht herumkomme. Die EU hat bekräftigt, die Verhandlungen gleichwohl bis zum 1. August fortzuführen, um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.

Beide Seiten haben auch über sektorale Obergrenzen sowie Quoten für Stahl und Aluminium gesprochen – und über einen Mechanismus, um Lieferketten gegen Herkunftsländer mit systematischer Überproduktion abzusichern. Ein unterschriftsreifes Abkommen müsste von Trump gebilligt werden – seine Haltung gilt jedoch als unklar.

30 Prozent ab August

Trump hatte Brüssel angedroht, ab 1. August einen Zollsatz von 30% auf die meisten EU-Warenexporte zu verhängen. Neben diesem Pauschalzoll würden Autos und Autoteile mit einem Zoll von 25% belegt, Stahl und Aluminium mit dem Doppelten. Für Arzneimittel und Halbleiter kündigte Trump neue Zölle bereits für den kommenden Monat an. Auf Kupfer erhob er jüngst 50%. Insgesamt schätzt die EU, dass US-Zölle inzwischen Waren im Wert von 380 Mrd. Euro betreffen – rund 70% der EU-Ausfuhren in die USA.

EU-Länder für Gegenmaßnahmen

Inzwischen sind dem Vernehmen nach auch bislang eher zurückhaltende EU-Länder bereit, europäische Gegenmaßnahmen zu unterstützen. Doch wolle man das Gesamtbild sorgfältig bewerten, bevor über solche „Re-Balancing-Maßnahmen“ entschieden werde, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg aus diplomatischen Kreisen. Aber nach wie vor seien einzelne Mitgliedstaaten bereit, höhere US-Zölle zu akzeptieren, sofern ausreichend Ausnahmen verhandelt werden könnten.

Auch Berlin unterstützt mögliche Gegenmaßnahmen – allerdings erst ab dem 1. August, wie Bundeskanzler Friedrich Merz seinen Regierungssprecher mitteilen ließ. Zumal eine substantielle Zollantwort vermutlich weitere Eskalationen im transatlantischen Handelskonflikt provozieren würden. Trump hatte wiederholt gewarnt, jede Vergeltung gegen US-Interessen werde härtere Reaktionen seiner Regierung nach sich ziehen.

Gegenzölle vorbereitet

Die EU hat bereits Zölle auf US-Waren im Umfang von 21 Mrd. Euro genehmigt – als Antwort auf Trumps Metallzölle. Diese Aufschläge sind allerdings noch nicht in Kraft getreten, sondern bislang vertagt worden. Zudem hat Brüssel ein Paket von 72 Mrd. Euro vorbereitet – als Antwort auf Trumps sogenannte Reziprokzölle und Autoabgaben. Im Fokus stehen Industrieprodukte wie Flugzeuge von Boeing, US-Fahrzeuge und Bourbon Whiskey.

Peking warnt Brüssel

Aber nun gerät Brüssel auch durch China handelspolitisch unter Druck: Wenige Tage vor dem Gipfeltreffen zwischen der EU und China hat Peking Gegenmaßnahmen auf ein Sanktionspaket Brüssels angedroht, weil die EU „aufgrund von erfundenen Anschuldigungen“ auch zwei chinesische Finanzinstitute im Zuge der Russland-Sanktionen aufs Korn genommen hat. Dieses Vorgehen habe negative Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen und die Zusammenarbeit im Finanzbereich, erklärte das Handelsministerium.

Brüssel hatte wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am Freitag weitere Sanktionen verhängt. Auf der langen Liste von Strafmaßnahmen fanden sich auch mehrere chinesische Unternehmen, weil sie demnach Russlands Angriffs direkt oder indirekt unterstützen.