ExklusivKonjunkturtableau Deutschland

Experten sorgen sich um Exporte

Dass die US-Zölle das Wirtschaftswachstum in Deutschland und im Euroraum dämpfen werden, ist Konsens unter Ökonomen. Das Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung gibt einen Vorgeschmack auf das mögliche Ausmaß.

Experten sorgen sich um Exporte

Experten sorgen sich um Exporte

Konjunkturtableau zeigt deutliche Abwärtsrevision für Deutschland − Moderate Erholung für 2026 erwartet

Dass die US-Zölle das Wirtschaftswachstum in Deutschland und im Euroraum dämpfen werden, ist Konsens unter Ökonomen. Das Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung gibt einen Vorgeschmack auf das mögliche Ausmaß.

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Seit US-Präsident Donald Trump Anfang April die Zollkeule geschwungen hat, hat sich nur wenig Konkretes ergeben. Es sind zwar Abkommen mit Großbritannien und China geschlossen worden, und Brüssel hat zu den bilateralen Verhandlungen der EU mit den USA als Drohkulisse eine Liste von Warengruppen vorgelegt, die sie für Gegenzölle ausgewählt hat. Wann und in welchem Umfang tatsächlich Zölle und Gegenzölle in Kraft treten, bleibt aber unklar. Ökonomen kappen derweil die Exportprognosen, während sich die Exporterwartungen, wie sie etwa das Ifo monatlich abfragt, eintrüben. Die Sorgen um Welthandel und Wirtschaftswachstum spiegeln sich auch im Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wider, in dem die Prognosen von Instituten und Banken zusammengefasst werden und ein Medianwert errechnet wird.

Nur verhaltene Aussichten

Die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft bleiben für das aktuelle Jahr 2025 eher verhalten − trotz des schwachen positiven Wachstums von 0,2% im ersten Quartal. Die Medianprognose für das BIP-Wachstum in diesem Jahr wurden von 0,2% im April auf 0,1% halbiert. Die Spannweite der individuellen Wachstumserwartungen liegt dabei unverändert bei 1,1 Prozentpunkten, betont ZEW-Expertin Lora Pavlova. An der Voraussage von 1,3% für das Jahr 2026 halten die Auguren unverändert fest.

Selbst Optimisten erwarten nur Stagnation

„Die eingetrübten Konjunkturaussichten scheinen in erster Linie auf eine deutliche Abwärtskorrektur der Exporterwartungen zurückzuführen zu sein“, erklärt Pavlova. Diese wurden um 0,6 Prozentpunkte auf minus 1,6% gesenkt. „Die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der deutschen Exportwirtschaft bleibt hoch“, wie an der großen Spannweite der Exporterwartungen deutlich zu erkennen sei. Im pessimistischsten Szenario würden die Exporte um 3,3% schrumpfen. Selbst in der optimistischen Betrachtung erwartet keiner der Experten ein Exportwachstum in diesem Jahr. Bei der Bewertung ist Pavlova zufolge aber zu beachten, dass viele Institutionen und Banken ihre Prognosen erst mit Verzögerung nach dem „Liberation Day“, bei dem umfassende Zölle angekündigt wurden, angepasst haben.

Moderate Erholung für 2026 erwartet

Die übrigen BIP-Komponenten ergeben ein gemischtes Bild: Die Prognosen für die Anlageinvestitionen (minus 0,1%) sowie die private Nachfrage (0,5%) blieben unverändert. Im Gegensatz dazu wird beim Staatskonsum eine geringe Verbesserung erwartet. Der Anstieg wird mit 1,9% vorausgesagt, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als noch im April angenommen. „Für das Jahr 2026 zeichnen sich Anzeichen einer moderaten wirtschaftlichen Erholung in Deutschland ab, die voraussichtlich maßgeblich durch eine Wiederbelebung des Außenhandels sowie eine Zunahme der Investitionen gestützt wird“, sagt Pavlova.

Optimistischer zeigen sich die Experten für die Euro-Wirtschaft: Die Wachstumserwartungen für die Jahre 2025 und 2026 bleiben mit 1,0% bzw. 1,3% unverändert. Aber auch hier wurden die Exporterwartungen für das laufende Jahr deutlich nach unten korrigiert – von 1,1% im April auf 0,3%. Damit bleiben sie dennoch im positiven Bereich, betont Pavlova. Für 2026 werde mit 3,7% eine deutliche Verbesserung der Ausfuhren prognostiziert.

Inflation auf niedrigem Niveau stabil

Bei den Inflationsraten schraubten die Experten nur geringfügig an den Prognosen – für Pavlova bekräftigt sich damit der „Eindruck einer zunehmenden Stabilisierung bei den Teuerungsraten“. Im April liegen die Inflationsraten bei 2,1% für Deutschland und 2,2% für das Eurogebiet. Für das Gesamtjahr 2025 werden Inflationsraten in Höhe von 2,2% sowohl für Deutschland als auch für das Eurogebiet erwartet. Für 2026 erwarten die Experten Teuerungsraten von 2,1% für Deutschland bzw. 2,0% für den Euroraum. Damit bleiben die Voraussagen für die Eurozone unverändert, die für Deutschland wurden um je 0,1 Prozentpunkte nach unten (2025) bzw. nach oben (2026) korrigiert. Auch bei den geldpolitischen Erwartungen auf Sicht von drei Monaten gab es nur moderate Änderungen: Die Erwartungen für die kurzfristigen Zinsen sinken gegenüber April um 0,2 Prozentpunkte auf einen neuen Wert von 2,0 Punkten. „Somit scheinen die Experten von weiteren Zinsschritten noch im aktuellen Jahr auszugehen“, betonte Pavlova.

Weitere Zinsschritte der EZB erwartet

Die Erwartungen auf Sicht von zwölf Monaten blieben hingegen unverändert bei einem Wert von 2,0 Punkten.

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