Für die Union geht es um Schadensbegrenzung
Von Stefan Paravicini, Berlin
Über weite Teile des vergangenen Jahres schien die Union in den Umfragen unantastbar zu sein. Die Bundesregierung steuerte unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) nach landläufiger Meinung umsichtig durch die Pandemie. Sowohl die gesundheitlichen als auch die wirtschaftlichen Schäden der Coronakrise fielen im Vergleich mit den meisten anderen Industrienationen geringer aus. Den besonders betroffenen Betrieben und Soloselbständigen versprach Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) üppige Hilfen. Und obwohl es Finanzminister Olaf Scholz (SPD) war, der das Geld dafür lockermachte, profitierte vor allem die Union von der weit verbreiteten Zustimmung zum Coronakurs.
Kurz vor dem Auftakt in das Bundestagswahljahr mit den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an diesem Sonntag hat sich das Bild gewandelt. Die CDU liegt in den bundesweiten Umfragen immer noch vorn, doch der Nimbus der Unschlagbaren ist verpufft. Die Reputation der Union als Krisenkönner aus dem ersten Lockdown hat nach bald fünf Monaten im zweiten Teil-Zwangsstillstand heftig gelitten. Verzögerungen beim Impfen, Rückzieher beim Testen, Pannen rund um die Hilfen für Unternehmen – der Zorn über die Versäumnisse in der Bekämpfung der Pandemie macht sich mittlerweile genauso exklusiv an den Spitzen der Union fest, wie sie im vergangenen Jahr das Lob für die verhältnismäßig gute Coronabilanz einstreichen konnten.
Kurz vor den Landtagswahlen im Südwesten folgte vor wenigen Tagen noch der GAU für jeden Wahlkämpfer: Der bisherige Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel soll für die Vermittlung von Schutzmasken Provisionen in Höhe von rund 250000 Euro kassiert haben. Ähnliche Vorwürfe gibt es gegen den CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein. Löbel ist auf heftigen Druck aus der Partei ausgetreten und hat auch sein Bundestagsmandat abgegeben. Für die Union geht es am Sonntag auch vor dem Hintergrund der „Maskenaffäre“ aber wohl nur noch um Schadensbegrenzung.
Läuft es richtig schlecht für die CDU, zieht sie nicht nur in Rheinland-Pfalz den Kürzeren, wo der Spitzenkandidat Christian Baldauf im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zuletzt leicht ins Hintertreffen geraten ist. Im Worst Case verliert die Union auch mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann in Baden-Württemberg – und zwar nicht nur Wählerstimmen, sondern auch die Regierungsverantwortung. CDU-Chef Armin Laschet hat sicherheitshalber schon darauf hingewiesen, dass Landtagswahlen Ländersache seien und keine Rückschlüsse auf den Bund zuließen. Schadensbegrenzung halt.