Handelspolitik

Kanada und die Schweiz mit noch höheren Zöllen abgestraft

Die Zölle treten erst später in Kraft, aber einige Länder wurden von US-Präsident Trump schon mal mit noch höheren Sätzen bedacht als bislang kommuniziert. Ziel Washingtons ist offenbar, den Druck auf eine Einigung im Interesse der USA nochmals zu steigern.

Kanada und die Schweiz mit noch höheren Zöllen abgestraft

Noch höhere Zölle
für Kanada und die Schweiz

Trump verschiebt abermals Inkraftsetzung der neuen Tarife

lz Frankfurt

US-Präsident Donald Trump legt bei den Zöllen für Kanada und die Schweiz nochmal nach. Statt der bisher avisierten 25% drohte er Kanada per Dekret nun mit einem Zollsatz von 35%. Trump begründete den Schritt mit der Behauptung, dass Kanada weiterhin zu wenig im Kampf gegen Drogenhandel unternehme und Rauschgift über die Grenze in die USA gelange. Allerdings liegt er mit der kanadischen Regierung bei einer ganzen Reihe von Themen im Clinch.

Für die Schweiz hatte Trump im April noch einen Zoll von 31% vorgesehen. Jetzt taucht das Land auf einer neuen Zollliste mit 39% auf. Die erhoffte Einigung auf einen niedrigeren Satz blieb aus, bedauerte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter auf der Plattform X. Man werde aber weiterverhandeln.

„Ernsthafte Belastung“

Der Wirtschaftsverband Economiesuisse sprach von ungerechtfertigten Zöllen und einer „sehr ernsthaften Belastung“ für die Wirtschaft. Die Schweiz sei der sechstwichtigste ausländische Investor in den USA. Die Zölle gefährdeten den Werkplatz Schweiz, schrieb Swissmechanic, der Fachverband kleiner und mittelständischer Unternehmen in der Metall-, Elektro- und Maschinenindustrie. Wirtschaftsverbände fordern die Regierung auf, alles daranzusetzen, in den nächsten Tagen eine Reduzierung zu erreichen. Die USA sind für Schweizer Firmen mit Abstand der größte Absatzmarkt.

Brasilien und Indien im Fokus

Brasilien (50%), Indien (25%) und Taiwan (20%) wurden ebenfalls mit höheren Zöllen abgestraft. Zuvor hatte das Weiße Haus das Inkrafttreten der neuen Zölle nochmals verschoben auf den 7. August. Das gilt auch für den jüngst vereinbarten „Deal“ mit der EU über einen Zollsatz von 15%. Als Grund dafür wurden Umsetzungsprobleme genannt.

Die deutschen Außenhändler äußerten scharfe Kritik am Vorgehen Trumps. „Schlimmer als die Zölle an sich ist für uns Händler inzwischen die Unsicherheit“, sagte der Außenhandelspräsident Dirk Jandura. Einigungen mit Trump hätten „eine Halbwertszeit von unter einer Woche: Wenn Sie abends schlafen gehen, wissen Sie nicht, mit welchen Zöllen Sie am Morgen aufwachen.“

„Wir sind auf längerfristige Verträge, auf verlässliche Preise und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und Kunden angewiesen“, sagte Jandura. „Nur so können wir garantieren, dass Lieferketten funktionieren.“ Nur auf diese Weise könne dafür gesorgt werden, dass Industrie und Endverbraucher stets die Waren bekommen, die sie benötigten. Die deutsche Wirtschaft werde sich in den kommenden drei Jahren weiterhin auf diese Unsicherheit einstellen müssen, sagte Jandura mit Blick auf die Amtszeit von Trump. Umso dringender seien jetzt verlässliche Handelsabkommen mit anderen Partnern. Das Abkommen mit den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten müsse endlich ratifiziert werden. „Wir müssen als EU offen auf neue Partner zugehen und bestehende Handelsverbindungen ausbauen“, forderte Jandura. 

Liste mit 70 Ländern

Zugleich mit der Information der Verschiebung veröffentlichte das Weiße Haus eine Übersicht mit fast 70 Ländern sowie der EU, für die jeweils bestimmte Zollsätze gelten werden. Die meisten waren schon bekannt, auf alle anderen Ländern, die nicht explizit genannt werden und noch keinen „Deal“ ausgehandelt haben, soll zunächst ein Basiszollsatz von 10% gelten.

Trump begründet die Zölle damit, dass ein Ungleichgewicht im Handel mit anderen Ländern bestehe und ausgeglichen werden müsse. Er wirft den betroffenen Handelspartnern der USA vor, selber zu hohe Zölle zu erheben oder ihre Märkte nicht weit genug für Einfuhren aus den Vereinigten Staaten zu öffnen.

Gerichtliche Klärung steht aus

Am Donnerstag beschäftigten sich Berufungsrichter in einer Anhörung noch mit der Rechtmäßigkeit vieler dieser Zölle. Ende Mai hatte ein Berufungsgericht die juristisch verfügte Blockade fast aller Zölle des US-Präsidenten vorerst aufgehoben, die eine niedrigere Instanz – das Gericht für internationalen Handel in New York – kurz zuvor angeordnet hatte.

Das New Yorker Gericht hatte Trumps Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Die Entscheidung bezog sich auf fast alle Zölle, die von Trumps Regierung erlassen wurden. Sie umfasste auch länderspezifische Handelserschwernisse, die der Präsident Anfang April verhängt und danach mehrmals aufgeschoben hatte.

Nationaler Notstand?

Die Argumentation Trumps lautet: Handelsdefizite mit anderen Ländern seien ein nationales Sicherheitsrisiko, damit bestehe ein nationaler Notstand. Mit dieser Begründung verhängte er die weitreichenden Zölle per Dekret – und umging damit das Parlament. Er nutzte dafür ein Gesetz aus dem Jahr 1977, das noch nie zuvor für Zölle angewandt worden war.

Die Berufungsrichter äußerten sich US-Medien zufolge nun skeptisch über dieses Vorgehen der Regierung. Eines seiner größten Bedenken sei, dass das herangezogene Notstandsgesetz das Wort „Zölle“ nirgendwo erwähne, zitierten etwa der Sender „ABC News“ und das Nachrichtenportal „Politico“ einen der Richter. Bis zu einer Entscheidung in dem Fall könnten nach Einschätzung der „Washington Post“ noch Wochen vergehen. Und selbst dann könnte der Rechtsstreit noch weitergehen – und letztlich vor dem obersten US-Gericht landen.