ZEW-Barometer

Lockdown-Sorgen nagen an Konjunkturzuversicht

Börsianer zeigen angesichts der dritten Coronawelle mit den Aussichten auf eine Verlängerung und möglicherweise Verschärfung des Lockdowns Nerven. Ihr Konjunkturoptimismus bröckelt im April unerwartet.

Lockdown-Sorgen nagen an Konjunkturzuversicht

ba Frankfurt

Die dritte Coronawelle und die Aussichten auf eine Verlängerung und möglicherweise Verschärfung des Lockdowns haben am Konjunkturoptimismus der Finanzmarktexperten gerüttelt. Am Ge­samtbild der Erholung, sobald die Schutzmaßnahmen weniger restriktiv ausfallen, ändert der unerwartete Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen im April nichts – allerdings wachsen derzeit die Zweifel über das Ausmaß und den Zeitpunkt, wann die Wende einsetzen wird. Das erste Quartal zumindest geben Ökonomen wegen weiter steigender Infektionszahlen und der immer noch schleppenden Impfkampagne konjunkturell bereits verloren: Die deutsche Wirtschaft wird wohl merklich schrumpfen, die Prognosen liegen bei einem Minus von um die 2 % bis 2,5% im Quartalsvergleich.

Ökonomen werten den Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland – den ersten seit vier Monaten – um 5,9 auf 70,7 Punkte denn auch als Indiz dafür, dass sich die Erholung nur verzögern wird. Sie hatten einen Anstieg auf 79,1 Punkte erwartet. Das Barometer liege damit „allerdings immer noch auf einem sehr hohen Niveau und die aktuelle Lage wird deutlich besser eingeschätzt als im März“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der monatlichen Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 178 Analysten und institutionellen Anlegern. Der Lageindikator kletterte um 12,2 auf – 48,8 Punkte, ein Niveau ähnlich dem im März 2020.

„Die Befürchtung, dass es zu einem verschärften Lockdown kommen könnte, lässt die Erwartungen für den privaten Konsum zurückgehen“, analysierte Wambach. Allerdings sind die Ersparnisse der Verbraucher durch die mangelnden Ausgabemöglichkeiten stark gestiegen, so dass sich Ökonomen von dieser Seite kräftigen Rückenwind für die Konjunktur erwarten, sobald die Lockerungen beginnen. Auch die Exportaussichten würden besser eingeschätzt als im Vormonat, konstatiert Wambach. Auch das Bundeswirtschaftsministerium sieht den Ausblick für den Außenhandel insgesamt positiv, „insbesondere angesichts der guten Konjunktur in Asien und den USA“ und erwartet für 2021 einen Aufschwung. Die stark exportorientierte Industrie leidet derzeit unter Lieferengpässen und Logistikproblemen – Problemfelder, die die Teilnehmer der ZEW-Umfrage „durchaus ernst nehmen“, wie Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sagt. Das ZEW-Barometer mache darauf aufmerksam, dass die Messlatte für das zu erwartende Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal zu hoch liege.

Der Blick der Finanzmarktexperten auf die Eurozone gleicht dem auf Deutschland: Das Barometer der Konjunkturerwartungen sank um 7,7 auf 66,3 Punkte, die Lagekomponente stieg um 4,3 auf −65,5 Zähler. Der um 5,5 auf 75,1 Punkte gefallene Indikator der Inflationserwartungen signalisiert weiterhin eine Zunahme der Inflation im Lauf der kommenden sechs Monate.