Zukunftstechnologie

OECD sieht Finanzwelt bei KI an kritischer Nahtstelle

Die Finanzwelt steht in Bezug auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz laut OECD an einem kritischen Punkt. Nun müssten Politik und Märkte gemeinsam spezielle Regeln für die Technologie entwickeln.

OECD sieht Finanzwelt bei KI an kritischer Nahtstelle

wü Paris

In ihrem Business and Finance Outlook untersucht die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jedes Jahr Chancen und Risiken von Trends, die Unternehmen, Finanzen und Investitionen in der Zukunft beeinflussen werden. Dieses Jahr beschäftigt sie sich mit dem Thema künstliche Intelligenz. Immerhin verändere diese viele Aspekte des täglichen Lebens, darunter die Art, wie Finanzdienste zur Verfügung gestellt und genutzt würden, erklären die Experten der OECD. Auf künstlicher Intelligenz basierende Applikationen seien längst gang und gäbe in der Finanzindustrie. Und doch sei jetzt eine kritische Nahtstelle für den Einsatz von auf künstlicher Intelligenz basierenden Finanzdienstleistungen erreicht, urteilt Mathilde Mesnard, die geschäftsführende Direktorin des Bereichs für Finanz- und Unternehmensangelegenheiten bei der OECD.

Komplexität birgt Risiken

Politiker und Marktteilnehmer müssten sich jetzt verstärkt für die Regeln einsetzen, die für den sicheren Einsatz vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz an den Finanzmärkten notwendig seien, fordert sie. Dafür sollten Regierungen, Finanzaufsichtsbehörden und Unternehmen enger zusammenarbeiten. Auf künstlicher Intelligenz basierende Anwendungen seien zwar äußerst vielversprechend. Doch sie könnten gleichzeitig bestehende Risiken an den Finanzmärkten verstärken oder zu neuen Herausforderungen und Risiken führen, da die ihnen zugrundeliegenden Algorithmen zunehmend komplexer würden und schwer oder gar nicht erklärbar seien.

Die bestehenden Finanzmarktregulierungen könnten möglicherweise nicht für die systemischen Risiken ausreichen, die durch die Zunahme von auf künstlicher Intelligenz basierenden Finanzdienstleistungen entstehen, gibt Mesnard zu bedenken. Zwar hätten viele Länder spezielle Strategien für künstliche Intelligenz beschlossen, doch nur wenige hätten spezielle Regeln für die Nutzung darauf basierender Algorithmen und Modelle eingeführt, vor allem nicht für die Anwendung im Finanzsektor.

Eine Grundlage für solche Regeln können die Grundsätze für künstliche Intelligenz bilden, die die OECD im Mai 2019 verabschiedet hat und die auf den Prinzipien Erklärbarkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht und robustem Datamanagement basieren. Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt würden, könne es zu Verzerrungen und diskriminierenden, unfairen Ergebnissen, Marktkonvergenz, Herdenverhalten oder der Konzentration von Märkten durch dominante Akteure kommen, warnt der Bericht. All das könne die Marktintegrität und -stabilität beeinträchtigen.

Die OECD müsse nun zusammen mit internationalen Partnern Initiativen für die Umsetzung dieser Prinzipien für künstliche Intelligenz im Zusammenhang mit den Finanzmärkten und anderen Branchen unterstützen, findet Mesnard. Bei der Umsetzung dieser Prinzipien stehen Regierungen auch vor der Herausforderung, die richtige Balance zwischen Transparenz, Offenheit und notwendigen Sicherheitsanforderungen zu finden, vor allem in Hinblick auf mögliche Auswirkungen der Akquisition von entsprechenden Anwendungen durch ausländische Investoren. Da es sich bei vielen Akteuren im Bereich künstliche Intelligenz um kleine, private Unternehmen handelt, haben einige für die Überprüfung zuständige Behörden ihre Kriterien bereits entsprechend angepasst.

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