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Riminis Angst vor der zweiten Welle

In Rimini ging es im August hoch her. Tausende von Touristen drängten sich bis in die frühen Morgenstunden durch die Straßen. Die Hotels waren ausgebucht. In vielen Restaurants war ohne Reservierung kein Platz zu bekommen. Patrizia Rinaldis,...

Riminis Angst vor der zweiten Welle

In Rimini ging es im August hoch her. Tausende von Touristen drängten sich bis in die frühen Morgenstunden durch die Straßen. Die Hotels waren ausgebucht. In vielen Restaurants war ohne Reservierung kein Platz zu bekommen. Patrizia Rinaldis, Präsidentin des Hoteliersverbands von Rimini, sagt: “Wir sind zufrieden. Der August ist viel besser als erwartet, vielleicht besser als letztes Jahr.” Lediglich 6 bis 7 % der 1 100 Hotels der Stadt hätten zugemacht. Nur Gianni Indino, Präsident der Nachtclubbetreiber der Adriastadt, klagt und verlangt eine Entschädigung für die Branche.Bis Ende Juli waren kaum Urlauber gekommen. Erst seit 11. Mai sind die Strände wieder zugänglich, seit Anfang Juni die Hotels. An den Stränden gilt ein Meter Sicherheitsabstand. Jeder Haushalt hat 18 statt sonst 12 Quadratmeter Platz. In den Hotels gibt es Plexiglasscheiben an der Rezeption, Maskenpflicht für Gäste und Mitarbeiter. Der Zugang zum Buffet ist verboten. Gäste müssen dem Personal sagen, was sie frühstücken wollen.Es sind vor allem Italiener da. “Viele nutzen den Urlaubsbonus der Regierung von bis zu 500 Euro pro Haushalt”, so Rinaldis. Den Zuschuss erhält jeder Haushalt, der weniger als 40 000 Euro im Jahr verdient. Die Regierung lässt sich das 2,4 Mrd. Euro kosten.Rimini ist weniger abhängig von ausländischen Touristen als andere Urlaubsorte. Vor allem in Städten wie Rom, Florenz oder Rom machte sich das Fehlen der Gäste aus Asien, dem Nahen Osten, Amerika und Russland stark bemerkbar. Acht Millionen weniger ausländische Besucher kamen im August ins Belpaese. Viele der 612 000 Tourismusbetriebe, die 13 % zum Bruttoinlandsprodukt des Landes beitragen, kämpfen ums Überleben.In Rimini kommen nur 28 % der Gäste aus dem Ausland. Unter den Ausländern lagen 2020 die Schweizer vor den Deutschen auf Platz 1, “viele mit Migrationshintergrund, die sonst in ihre Heimatländer am Balkan reisen, aber auch Urlauber, die statt Spanien, Griechenland oder die Türkei lieber die Adria ansteuerten, sagt Valeria Guarisco, Destination Manager im Tourismusbüro.”Wir haben unsere Preise nicht erhöht”, berichtet Mauro Vanni, Präsident der Cooperativa Operatori di Spiagga Rimini. Er ist oberster Repräsentant der 240 Strandbadkonzessionäre der Urlaubsmetropole und Chef des Bagno 62 und hat in diesem Jahr nur 600 statt sonst 750 Liegen einrichten können. Vanni freut sich, dass die von der EU vorgeschriebene Neuausschreibung der Konzessionen für die Strandbäder, die eine Goldgrube sind, von der Regierung in Rom bis 2033 ausgesetzt worden ist.Rimini will sich nicht erst seit der Krise neu ausrichten. Vorbei die Zeiten, als der Touristenspot Synonym für “Sex, Sun and Sand” und Drogen war, “als Generationen von Italienern und Ausländern hier ihre Unschuld verloren”, wie in einer Broschüre der Stadt heißt. Die 151 000-Einwohner-Stadt, die zu 70 % vom Tourismus lebt, will “weg vom Auto und Zement”. 250 Mill. Euro werden in die Renovierung der Altstadt gesteckt, die mit der Tiberiusbrücke und dem Augustusbogen Monumente aus der Römerzeit hat, aber auch mittelalterlich geprägt ist. 2018 wurde das prunkvolle Theater aus dem 19. Jahrhundert wiedereröffnet, das im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Viele herrschaftliche Villen und das Grandhotel erinnern an die Anfänge des Seebads um 1843. Gerade wird ein hochkarätiges Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet. Und für den Regisseur Federico Fellini, den großen Sohn der Stadt, wird ein Teil Riminis zu einer Inszenierung seiner Werke gemacht – inklusive eines Museums im Castel Sismondo.Weitere 200 Mill. Euro wurden investiert in eine neue Klär- und Regenauffanganlage, Radwege und grüne Lungen sowie eine Tram, die Rimini mit dem Badeort Riccione und bald mit Ravenna verbindet. Ein Teil der neuen Promenade mit Pflanzen und Bäumen, Holzstegen und kleinen Dünen ist fertig. Und mit einem supermodernen Kongress- und Messezentrum will Rimini die Position als einer der wichtigsten Messe- und Kongressdestinationen Italiens ausbauen. Finanziert wird dies alles von Stadt, Region, Land und EU.Eine zweite Coronawelle könnte die Blütenträume jedoch schnell welken lassen. Auch in Italien steigen die Infektionszahlen deutlich.