EU-Wiederaufbaufonds

Scholz glaubt nicht an Stopp der Corona-Hilfen durch Karlsruhe

Bei Beratungen mit seinen EU-Kollegen hat Finanzminister Olaf Scholz versucht die Befürchtungen zu zerstreuen, der Corona-Wiederaufbaufonds werde von Deutschland dauerhaft gestoppt. Die Vorbereitungen für die Hilfen befinden sich zurzeit auch in Berlin auf der Zielgraden.

Scholz glaubt nicht an Stopp der Corona-Hilfen durch Karlsruhe

ahe Brüssel

Bundesfinanzminister Olaf Scholz rechnet nicht damit, dass das Bundesverfassungsgericht den EU-Wiederaufbaufonds stoppt. „Wir wissen nicht, was das Bundesverfassungsgericht machen wird“, sagte der SPD-Politiker am Freitag am Rande von Videoberatungen mit seinen EU-Amtskollegen. Die Bundesregierung habe aber gute Argumente auf ihrer Seite. „Wir sind deshalb gut gerüstet gegen die erhobenen Verfassungsklagen.“ Erfahrungen mit ähnlichen Klagen stimmten ihn zuversichtlich, den Ratifizierungsprozess in Deutschland zeitnah abschließen zu können, betonte Scholz.

Bundestag und Bundesrat hatten Ende März grünes Licht für den sogenannten Eigenmittelbeschluss gegeben, der derzeit aber nach Klagen vom Karlsruher Gericht blockiert wird. Dieser Beschluss ist die rechtliche Grundlage dafür, dass die EU-Kommission Gelder am Kapitalmarkt für die 750 Mrd. Euro umfassenden Coronahilfen aufnehmen kann. Dieser Prozess soll eigentlich Anfang Juli beginnen.

Aktuell haben 17 EU-Staaten den Eigenmittelbeschluss schon ratifiziert. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte kürzlich im „Spiegel“ gewarnt, sollte sich die Auszahlung der Gelder aus dem Wiederaufbaufonds auf unbestimmte Zeit verzögern, „wäre das eine wirtschaftliche Katastrophe für Europa“.

Bis Ende April sollen die EU-Staaten nun zunächst ihre nationalen Aufbaupläne, in denen die Mittelverwendung beschrieben wird, bei der EU-Kommission zur Genehmigung vorlegen. Kommissionsvize Valdis Dombrovskis sagte nach den Beratungen der EU-Finanzminister, bis auf ein Land hätten alle Staaten schon vorläufige Informationen vorgelegt. Offenbar fehlt noch ein vorläufiger Plan der Niederlande, die erst im März ein neues Parlament gewählt hatten. In Deutschland befindet sich der Aufbauplan aktuell in der Ressortabstimmung sowie in Abstimmung mit den Bundesländern. Der Plan in Berlin ist, das Kabinett endgültig am 27. April abstimmen zu lassen und dann den deutschen Plan noch am gleichen Tag nach Brüssel zu schicken.

Aus dem EU-Aufbaufonds werden insgesamt 312,5 Mrd. Euro als Zuschüsse an die EU-Staaten verteilt und bis zu 360 Mrd. Euro als Darlehen. Deutschland kann nach jetzigem Stand 22,7 Mrd. Euro Zuschüsse erwarten. Finanzminister Scholz betonte, der Aufbaufonds sei eine historische Chance, Reformen anzugehen und viel zu investieren. Die deutsche Umsetzung sei „auf der Zielgeraden“.

Der irische Finanzminister und Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe forderte eindringlich noch einmal eine rasche Umsetzung. Die Herausforderungen durch die Pandemie seien weiterhin beispiellos, sagte er nach den Beratungen. Er verwies darauf, dass die nationalen Unterstützungen für die Wirtschaft im Euroraum aktuell noch weiter stiegen, wie die jüngsten Ankündigungen in Deutschland, Spanien und Italien gezeigt hätten. Nach Angaben von Dombrovskis hat die EU-Kommission seit Beginn der Pandemie mittlerweile mehr als 500 Beihilfeanträge gebilligt mit nationalen Hilfen von mehr als 3 Bill. Euro.

Eine Debatte über eine mögliche weitere Aufstockung der EU-Coronahilfen – auch mit Blick auf die aktuell in den USA geplanten Hilfen – lehnten die Finanzminister ab. Der EU-Abgeordnete von den Linken Martin Schirdewan kritisierte: Gemessen an Jahrhundertereignissen wie der Pandemie, dem Klimawandel und der Digitalisierung sei der Wiederaufbaufonds „ein Tropfen auf dem heißen Stein“.