Stillstand beim Brexit

Nach ergebnisloser Verhandlungsrunde wird harte Trennung wahrscheinlicher

Stillstand beim Brexit

Brüssel und London kommen bei ihren Brexit-Gesprächen nicht vom Fleck – obwohl beide Seiten im Juni eigentlich eine Beschleunigung der Verhandlungen vereinbart hatten. Eine Einigung halten die Unterhändler noch für möglich. Aber weder beim Level Playing Field noch beim Thema Fischerei gibt es Fortschritte.ahe Brüssel – Die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien über ihre künftigen Beziehungen kommen weiterhin nicht voran. Auch eine neue mehrtägige Gesprächsrunde in dieser Woche hat keine signifikanten Annäherungen gebracht, wie die beiden Verhandlungsführer Michel Barnier und David Frost im Anschluss bestätigten. Barnier wiederholte sein bereits im Juli geäußertes Zwischenfazit: “Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint eine Einigung zwischen Großbritannien und der EU unwahrscheinlich.”Barnier sagte in einer Pressekonferenz in Brüssel, er sei “enttäuscht und besorgt” und auch ein wenig überrascht, da der britische Premierminister Boris Johnson noch im Juni von einer Beschleunigung der Arbeit gesprochen habe. Aber auch in der zurückliegenden Woche habe die britische Seite – genauso wie schon im Juli – keinerlei Willen gezeigt, bei den Themen Fortschritte zu erzielen, die für die EU wichtig seien. Deal soll bis Oktober stehen”Zu oft in dieser Woche fühlte es sich an, als würden wir mehr rückwärts als vorwärts gehen”, kritisierte der Franzose. Er verstehe einfach nicht, “warum wir wertvolle Zeit verschwenden”.Der britische Unterhändler Frost warf hingegen der EU vor, die Verhandlungen “unnötig” zu erschweren. “Wir hatten nützliche Diskussionen in dieser Woche, aber es gab nur wenig Fortschritte”, erklärte Frost. Eine Einigung sei noch möglich: “Das ist immer noch unser Ziel, aber es wird nicht leicht zu erreichen sein.” Die Zeit werde aber für beide Seiten knapp, erklärte Frost.Die nächste Verhandlungsrunde ist für die zweite September-Woche in London angesetzt. Auf einem für Mitte Oktober anberaumten Gipfeltreffen wollen die EU-Staaten eine Einigung zumindest in Grundzügen auf dem Tisch haben, damit der Ratifizierungsprozess rechtzeitig bis Jahresende abgeschlossen werden kann. Barnier bekräftigte noch einmal, dass ein Abkommen bis spätestens Ende Oktober fertig sein müsse. Am Jahresende läuft die aktuelle Brexit-Übergangsperiode aus.Barnier verwies darauf, dass es auch in der zurückliegenden Woche in einigen “technischen Fragen” Fortschritte gegeben habe – insbesondere in den Bereichen der Energie-Kooperation, bei der Bekämpfung von Geldwäsche sowie bei der zukünftigen britischen Teilnahme an EU-Programmen.Dagegen fehlte seinen Worten zufolge weiterhin jede Bewegung bei der Frage der fairen Wettbewerbsbedingungen, bei der Suche nach einem Fischereiabkommen und im Bereich der Governance, wo beide Seiten noch weit davon entfernt seien, sich bei der wesentlichen Frage der Streitbeilegung und damit auch der Rolle des EuGH zu einigen.Als weitere offene Punkte nannte Barnier die Strafverfolgung, bei der der EU noch immer Garantien zum Schutz der Grundrechte von Bürgern sowie von personenbezogenen Daten fehlen, sowie Koordinierungen im Bereich der Mobilität und der Sozialversicherung. Die Positionen blieben hier weit voneinander entfernt. Barnier warf der britischen Seite erneut vor, sie wolle beim künftigen Zugang zum EU-Binnenmarkt “Rosinenpickerei” betreiben. Einigung weiter möglichGroßbritannien hatte in der zurückliegenden Verhandlungsrunde neue Papiere vorgelegt, bei denen es sich um einen Entwurf eines Vertrags über die künftigen Beziehungen gehandelt haben soll. Barnier erklärte hingegen, es sei noch viel zu früh, sich an eine gemeinsame Arbeit eines konsolidierten Papieres zu machen, da grundlegende Fragen immer noch ungeklärt seien, wie beim Thema Level Playing Field und Fischerei: “Dies blockiert alles.” Ebenso wie sein Gegenüber Frost sieht auch EU-Verhandler Barnier ein Abkommen theoretisch weiterhin noch als möglich an.Die EU-Kommission hatte London vor einigen Tagen bereits gewarnt, dass es auch bei einigen Äquivalenzerklärungen für den künftigen Finanzmarktzugang länger als bis Jahresende dauern könnte.