Trumps neue Zolldrohung löst Alarm aus
Trumps neue Zolldrohung löst Alarm aus
Pharmabranche beklagt „weiteren Schlag ins Gesicht“ – EU-Kommission beschwichtigt und beruft sich auf Deal
Donald Trump schürt einmal mehr Sorgen in der Industrie und an den Kapitalmärkten. Der US-Präsident droht in einer Kurzbotschaft mit sehr happigen Zöllen auf Arzneimittelimporte nach Amerika. Die EU-Kommission versucht zu beschwichtigen. Europas Pharma- und Chemiebranche reagiert trotzdem alarmiert.
kro/fed Frankfurt
US-Präsident Donald Trump hat über einen Beitrag in einem sozialen Netzwerk die Ankündigung verbreitet, Arzneimittelimporte in die USA mit dreistelligen Zöllen zu belegen. „Ab dem 1. Oktober werden wir einen Zollsatz von 100% auf alle Marken- und patentierten Arzneimittel erheben, es sei denn, ein Unternehmen baut eine eigene Arzneimittelproduktionsstätte in Amerika“, erklärte der US-Präsident. „Baut“ werde dabei definiert als „Baubeginn“ oder „im Bau befindlich“, fügte Trump an.
Die EU-Kommission bemühte sich um eine gelassene Reaktion. Ein Sprecher der Behörde signalisierte, dass nach dem Brüsseler Verständnis die neue Ankündigung nicht für Pharmazeutika aus der Europäischen Union gelten werde. Ob diese Interpretation auch der amerikanischen Sicht entspricht, blieb am Freitag zunächst offen. Die EU-Kommission argumentierte, die USA beabsichtigten die Klarstellung, dass der Zollsatz für Waren mit Ursprung in der EU „15% nicht übersteigt“. 15% ist der Basiszollsatz, auf den sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Trump jüngst bei einem Treffen in Schottland verständigt hatte. „Diese klare, pauschale Zollobergrenze von 15% für EU-Exporte stellt eine Versicherung dar, dass für europäische Wirtschaftsteilnehmer keine höheren Zölle anfallen werden“, zeigte sich die EU-Kommission überzeugt, dass die aktuellen Ankündigungen nicht für europäische Pharmazeutika gelten – und im Übrigen auch nicht für Halbleiter und Holz, also Warengruppen, für die Trump ebenfalls einen üppigen Zollsatz angekündigt hat.
Verbände warnen
Die betroffenen Industrien sind trotz der Brüsseler Bemühungen um einen entspannten Blick auf die jüngste Wortmeldung von Trump alarmiert. Der Verband forschender Pharmaunternehmen warnt vor „gravierenden Auswirkungen auf die internationalen Lieferketten“ sowie auf eine Gefährdung der Versorgung von Patienten – und zwar sowohl in den USA als auch in Europa. Der Hauptgeschäftsführer des Verband der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup, beklagt einen „weiteren Schlag ins Gesicht“ und einen neuen Tiefpunkt in den EU-US-Handelsbeziehungen. „Wenn der 15-Prozent-Deal nicht auch für Pharmaprodukte gilt, ist er nichts wert.“ Die EU-Kommission müsse „mit breitem Kreuz“ darauf drängen, dass beide Seiten zu den Vereinbarungen stehen. Für die deutsche Pharmaindustrie sind die USA ein sehr wichtiger Absatzmarkt. 2024 wurden Produkte von 27,9 Mrd. Euro exportiert.
Ruf nach Gegenmaßnahmen
Auch der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Bernd Lange hält den Deal, sofern sich die gelassene Position der EU-Kommission nicht bestätige, für „wirklich hinfällig“. Zugleich stimmt Lange die EU darauf ein, Gegenmaßnahmen vorzubereiten, falls die neuen hohen Zölle tatsächlich kämen. "Wenn nicht mal ein sogenannter offizieller EU-US-Deal für einen Rahmen sorgen kann, an den sich alle halten, dann muss man sich leider dem Verhalten der Gegenseite anpassen“, so Lange.
Das Institut der deutschen Wirtschaft gibt zu bedenken, dass sich die USA mit der Ankündigung selbst schade. „Den Preis könnten am Ende amerikanische Patienten bezahlen." Denn die USA seien stark auf Pharmaimporte etwa aus der EU angewiesen.