US-Inflation so hoch wie zuletzt 2008

Lebenshaltung fast 3 Prozent teurer als vor einem Jahr - Notenbanker beobachten Entwicklung gelassen

US-Inflation so hoch wie zuletzt 2008

det Washington – Die US-Verbraucherpreise sind im Juli so deutlich gestiegen wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Diese dynamische Entwicklung der Lebenshaltungskosten bestärkt die Marktteilnehmer in ihrer Erwartung, dass die US-Notenbank im laufenden Jahr noch zwei Mal die Leitzinsen anheben wird. Allerdings sehen Ökonomen nun auch erst einmal den Zenit bei den Inflationsdaten erreicht. Nach ihrer Einschätzung wird sich der Preisauftrieb in den kommenden Monaten wieder etwas abschwächen.Wie das Arbeitsministerium berichtete, verteuerten sich Konsumgüter im Berichtsmonat saisonbereinigt um 0,2 % und gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres um 2,9 %. Beide Werte entsprechen in etwa den Markterwartungen. Werden volatile Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert, dann lag der monatliche Anstieg ebenfalls bei 0,2 %. Gegenüber Juli 2017 ergibt sich in dieser Rechnung ohne Energie und Nahrungsmittel ein Plus von 2,4 % – die höchste Rate seit September 2008. Das Ministerium meldete für Juli gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres auch einen Rückgang der durchschnittlichen, realen Stundenlöhne um 0,2 %. Im Monatsvergleich blieben die Realeinkommen unverändert, während die durchschnittlichen Wochenlöhne um 0,2 % nachgaben. Entscheidend für den Preisanstieg waren vor allem höhere Wohnkosten. Allein auf sie entfallen 60 % der Teuerung. Ins Gewicht fielen zudem höhere Ausgaben der Verbraucher für Transport. Die Preise lagen um 7,3 % über dem Stand von Juli 2017. Die Preise für Energie gaben hingegen abermals nach. Sinkender Preisdruck erwartetOmair Sharif, Ökonom bei Société Générale in New York, prognostiziert, dass die Verbraucherpreise nicht anhaltend steigen werden. Er räumt zwar ein, dass Mieten wahrscheinlich noch eine Zeit lang steigen werden. Auch gibt er zu, dass ihn der jüngste Preisanstieg bei Gebrauchtwagen überrascht habe. Zugleich geht er aber davon aus, dass der Preisdruck bis zum Jahresende wieder nachlassen wird. Für Inflationsfalken, “die darauf warten, dass die Teuerungsrate über das Inflationsziel der Fed hinausschießt, wird dies das höchste der Gefühle sein”, ist Sharif überzeugt. Andere Experten weisen darauf hin, dass die Erzeugerpreise hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Auch stellen sie fest, dass der an Verbraucherausgaben ausgerichtete Preisindex, den die Fed als wichtigsten Inflationsindikator betrachtet, fast exakt dem zweiprozentigen Inflationsziel der Währungshüter entspricht. Im Juni lag der PCE-Index, der im März zum ersten Mal seit sechs Jahren die Zielgröße von 2,0 % erreichte, bei 1,9 %. Zwar haben die meisten Zentralbanker signalisiert, dass ein vorübergehendes Übersteigen des Inflationsziels ihnen keine Sorgen bereiten und keine Beschleunigung der Zinserhöhungen nach sich ziehen würde. Thomas Barkin, Präsident der Federal Reserve Bank von Richmond, meint allerdings, dass der Zins derzeit “unterhalb eines normalen Niveaus liegt”, und stellt in Frage, inwieweit dies angesichts der robusten Konjunktur und der niedrigen Arbeitslosenquote “angemessen” sei. Charles Evans, Vorsitzender der Chicago Fed, sagt, dass selbst eine Inflationsrate von 2,5 % noch zu verkraften wäre. Der Notenbanker spricht von einer “guten Zeit für die US-Wirtschaft, die derzeit von Rückenwinden profitiert”. Gegenläufige Faktoren, etwa eskalierende Handelskonflikte, hätten der Konjunktur bisher nicht geschadet. Evans sieht den “neutralen Satz” für den Leitzins bei etwa 2,7 %, räumt aber ein, dass, wenn die Preise stärker anziehen als erwartet, es 2019 oder 2020 notwendig sein könnte, etwas stärker an der Zinsschraube zu drehen als bisher geplant.