Geldpolitik

Zinsdebatte im EZB-Rat in vollem Gange

Das Protokoll der EZB-Sitzung von Anfang März schürt Erwartungen an eine baldige Zinswende im Euroraum. Was die Aufzeichnungen sonst noch verraten.

Zinsdebatte im EZB-Rat in vollem Gange

rec Frankfurt

Im EZB-Rat mehren sich die Stimmen für eine schnellere Normalisierung der Geldpolitik. Bereits bei der Sitzung Anfang März hat die Debatte über eine Zinserhöhung Fahrt aufgenommen. Das geht aus dem Sitzungsprotokoll hervor, das die EZB eine Woche vor der nächsten Ratssitzung veröffentlichte. Inzwischen ist die Debatte in vollem Gange, wobei eine Reihe nationaler Notenbanker um Bundesbankchef Joachim Nagel zur Eile drängt.

Laut Protokoll diskutierten die Euro-Hüter im März intern über die Bedingungen für eine Zinserhöhung. Dabei wurde vorgebracht, dass die Voraussetzungen dafür weitgehend erfüllt seien oder dies kurz bevorstehe. Eine große Zahl von Währungshütern sprach sich demnach dafür aus, weitere Schritte Richtung geldpolitischer Normalisierung zu unternehmen.

Bundesbankchef Nagel legte am Mittwochabend in der ARD-Sendung Plusminus nach: „Das, was wir jetzt sehen am aktuellen Rand, deutet darauf hin, dass möglicherweise auch der Sparer sich bald wieder über höhere Zinsen freuen kann.“ Im Jahresschnitt sei mit circa 6% Inflation in Deutschland zu rechnen. Nagels Kollegen aus Österreich, Belgien und den Niederlanden dringen ebenfalls auf baldige Zinserhöhungen. Es gibt aber auch eine Fraktion im EZB-Rat, die zu Geduld rät und vor Schnellschüssen warnt – allen voran Chefvolkswirt Philip Lane.

Das Protokoll der März-Sitzung bestätigt für ING-Volkswirt Carsten Brzeski: „Die EZB ist falkenhafter geworden.“ Als Falken werden Vertreter eine eher restriktiven Geldpolitik bezeichnet. Brzeski verweist zudem darauf, dass ausweislich der Protokolle Zweifel an der Zuverlässigkeit der EZB-Prognosen zur Inflation wachsen. Die Prognosen aus dem März gelten als überholt, frische Daten gibt es aber erst im Juni. Deswegen rechnen die meisten Beobachter bei der Ratssitzung am Donnerstag noch nicht mit neuen Beschlüssen. Nagel bekräftigte diesen Eindruck in der ARD.

Aus dem Protokoll geht zudem hervor, dass sich einige Notenbanker bereits Anfang März dafür ausgesprochen haben, die Anleihekäufe früh im dritten Quartal einzustellen. Die Zinsen will der EZB-Rat erst im Anschluss erhöhen. Angesichts der jüngsten Inflationszahlen haben die Argumente dafür seitdem zugenommen. Die Netto-Anleihekäufe sollen bis Juni auf 20 Mrd. Euro sinken. Im März waren es 52,2 Mrd. Euro.

Wenige Tage vor der Ratssitzung ist EZB-Chefin Christine Lagarde positiv auf das Coronavirus getestet worden. Im Kurznachrichtendienst Twitter berichtete Lagarde von „ziemlich milden“ Symptomen. Es gebe keine Auswirkungen auf die Tätigkeit der Notenbank.