Darlehensvergabe

Konsortialkreditgeber erhalten Nachforderungen bei der Umsatzsteuer

Steuermehrbelastungen und erhebliche Mehrarbeit für die Steuer- und Kreditabteilungen betroffener Konsortialkreditgeber: Das sind die Folgen einer Praxis der Finanzverwaltung, die in jüngerer Zeit zu beobachten ist. Möglich wird sie durch eine...

Konsortialkreditgeber erhalten Nachforderungen bei der Umsatzsteuer

Von Steffen Hörner*)

Steuermehrbelastungen und erhebliche Mehrarbeit für die Steuer- und Kreditabteilungen betroffener Konsortialkreditgeber: Das sind die Folgen einer Praxis der Finanzverwaltung, die in jüngerer Zeit zu beobachten ist. Möglich wird sie durch eine Formulierung im Umsatzsteuergesetz, die bei vollständiger Umsetzung europäischen Rechts anders zu fassen wäre.

Konsortialkreditgeber sehen sich in Betriebsprüfungen immer häufiger Umsatzsteuernachforderungen ausgesetzt. Die Finanzverwaltung begründet diese dem Vernehmen nach damit, dass Kreditgeber im Rahmen ihrer Beteiligung an einem Konsortialkredit umsatzsteuerpflichtige Kreditverwaltungsleistungen vom Konsortialführer bzw. Agent bezögen. Das ist schon zivilrechtlich falsch. Konsortialkreditverträge, die oft auf den Standards der Loan Market Association (LMA) aufbauen, bestimmen in der Regel, dass die Kreditverwaltung durch den Konsortialführer gegenüber dem Darlehensnehmer erbracht wird. Der Darlehensnehmer schuldet dem Konsortialführer dafür eine Vergütung, die Agency Fee.

Die Auffassung der Finanzverwaltung führt zu Steuermehrbelastungen, weil wider Erwarten Umsatzsteuer auf die Agency Fee fällig wird und sich die Konsortialkreditgeber als Banken diese in der Regel auch nicht als Vorsteuer erstatten lassen können. Für inländische Konsortialkreditgeber ist das vor allem dann problematisch, wenn der Konsortialführer im Ausland ansässig ist, in der Praxis häufig in Luxemburg oder London. In diesem Fall treffen et­waige Umsatzsteuernachzahlungen nach Maßgabe des Reverse-Charge-Verfahrens unmittelbar den inländischen Konsortialkreditgeber.

Da die Agency Fee in der Praxis zwischen Darlehensnehmer und Konsortialführer vereinbart und den Konsortialkreditgebern gegenüber nicht offengelegt wird, können diese in der Regel der Finanzverwaltung noch nicht einmal die relevante umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage nennen. Sie werden auch auf Nachfrage von den jeweiligen Konsortialführern auch keine weitergehenden Auskünfte erhalten, da diese die Höhe der Agency Fee als gut zu hütendes Geschäftsgeheimnis betrachten. Die Finanzverwaltung nimmt diesen Umstand offenbar allerdings nicht zum Anlass, die eigene Rechtsauffassung zu überdenken. Stattdessen wird die Bemessungsgrundlage oft geschätzt, und dies regelmäßig zum Nachteil der Betroffenen.

Lapsus des Gesetzgebers

Dabei widerspricht das Vorgehen der Finanzverwaltung nicht nur Praktikabilitätserwägungen, sondern in weiten Teilen handfesten Vorgaben des europäischen Rechts. Artikel 135 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie bestimmt, dass nicht nur die „Gewährung und Vermittlung von Krediten“, sondern auch die „Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber“ von der Umsatzsteuer zu befreien ist. Gleiches gilt für die „Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber“. Auch der Mehrwertsteuerausschuss der Europäischen Kommission geht davon aus, dass es sich bei der Verwaltungsleistung auch hinsichtlich der Beteiligung der übrigen Konsortialkreditgeber am Darlehen um eine einheitliche Leistung des Konsortialführers ausschließlich gegenüber dem Darlehensnehmer handelt, die insgesamt umsatzsteuerfrei ist.

Hätte Deutschland diese Vorgaben des europäischen Rechts umgesetzt, entstünden in der Praxis jedenfalls dann keine Probleme, wenn der Konsortialführer bzw. Agent gleichzeitig auch einer der Konsortialkreditgeber ist. Paragraf 4 des deutschen Umsatzsteuergesetzes sieht allerdings lediglich vor, dass die „Gewährung und Vermittlung von Krediten“ umsatzsteuerfrei ist. Die Verwaltung von Krediten wird dort nicht erwähnt. Gleiches gilt für die Verwaltung von Kreditsicherheiten. Dieser Lapsus des deutschen Gesetzgebers ermöglicht es der Finanzverwaltung, von der Umsatzsteuerpflicht der relevanten Kreditverwaltungsleistungen des Konsortialführers auszugehen.

Dabei würde es im konkreten Fall sogar in Betracht kommen, die Mehrwertsteuersystemrichtlinie ausnahmsweise unmittelbar anzuwenden. Möglich ist dies unter der Voraussetzung, dass der Gesetzgeber eines Mitgliedstaats zum einen die betreffende Vorschrift der Richtlinie nicht oder nicht ausreichend umgesetzt hat. Zum anderen muss die Vorschrift inhaltlich klar und eindeutig sein sowie dem Einzelnen einen Anspruch vermitteln. Auch wenn dies hier der Fall sein dürfte, werden Konsortialbanken gut beraten sein, sich nicht allein auf dieses Argument zu verlassen.

Wünschenswert wäre es daher, dass der Gesetzgeber nachbessert. Einstweilen könnte auch die Finanzverwaltung im Erlasswege Klarheit schaffen. Dabei sollte insbesondere für Fälle, in denen der Konsortialführer bzw. Agent nicht gleichzeitig auch als Kreditgeber auftritt, klargestellt werden, dass dieser die umsatzsteuerlich relevante Kreditverwaltungsleistung unmittelbar und ausschließlich gegenüber dem jeweiligen Darlehensnehmer erbringt. Dann hätten Darlehensnehmer, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, immerhin die Möglichkeit, sich die Umsatzsteuer als Vorsteuer erstatten zu lassen. In jedem Fall sollte das für den Finanzplatz Frankfurt unglückliche Signal, das die Finanzverwaltung mit ihrem gegenwärtigen Vorgehen aussendet, schleunigst korrigiert werden.

*) Dr. Steffen Hörner ist Partner der Sozietät Herbert Smith Freehills in Frankfurt.