Geldpolitik

Lagarde kündigt EZB-Wende an – Negativzins endet im September

Die EZB-Präsidentin skizziert in einem Blog-Beitrag den weiteren Kurs. Das Ifo-Geschäftsklima legt unerwartet zu. Der Dax steigt.

Lagarde kündigt EZB-Wende an – Negativzins endet im September

ms/ba/wrü Frankfurt

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat ein En­de der Negativzinspolitik bis Ende Sep­tember und darüber hinaus weitere Zinserhöhungen avisiert. Lagarde äußerte sich am Montag eigens in einem Blog-Beitrag auf der EZB-Internetseite. Der Euro legte daraufhin deutlich bis auf ein Vier-Wochen-Hoch bei 1,0688 Dollar zu. Am Aktienmarkt stützten ein überraschend gestiegener Ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland und eine freundliche Wall Street den Dax.

Mit ihren Aussagen zementiert Lagarde die Erwartung von Finanzmarktakteuren an eine rasche Zinswende im Euroraum, die so noch vor wenigen Monaten kaum absehbar war. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte lange Zeit viel zögerlicher auf die rekordhohe Inflation in Euroland reagiert als etwa die US-Notenbank Fed auf die hohe US-Inflation. Zugleich bremst Lagarde aber Spekulationen und Forderungen nach einem noch aggressiveren Vorgehen. Das wird im EZB-Rat nicht jedem schmecken.

Das Format mit einem Blog-Beitrag und die Klarheit der Aussagen zur Zinspolitik sind ungewöhnlich. Lagarde hatte zuletzt zwar auch über die Möglichkeit einer ersten Zinserhöhung im Juli gesprochen, sich aber ein Hintertürchen offen gelassen. Zuletzt hatten indes immer mehr Euro-Notenbanker für eine rasche Zinswende plädiert – auch wegen der Schwäche des Euro, der über die Importpreise die Inflation treibt.

Lagarde schreibt, dass sie ein Ende der billionenschweren Nettoanleihekäufe „sehr früh“ im dritten Quartal erwarte. „Das würde uns eine Anhebung der Zinssätze auf unserer Sitzung im Juli ermöglichen. Ausgehend von den derzeitigen Aussichten werden wir wahrscheinlich in der Lage sein, die negativen Zinssätze bis zum Ende des dritten Quartals zu beenden.“ Der EZB-Einlagenzins liegt bei −0,5%, der Leitzins bei 0%. Lagarde sagte zudem, dass es „angemessen“ sei, den Leitzins weiter in Richtung des neutralen Niveaus anzuheben, falls sich die Inflation mittelfristig bei 2% stabilisiere. Einige EZB-Granden hatten das zuletzt zwischen 1% und 2% taxiert.

Der gebeutelte Euro profitierte von Lagardes Zinssignalen, aber auch vom besser als erwartet ausgefallenen Ifo-Geschäftsklima. „Anzeichen für eine Rezession sind derzeit nicht sichtbar“, kommentierte Ifo-Chef Clemens Fuest den Anstieg des wichtigsten Frühbarometers um 1,1 auf 93,0 Punkte. Insbesondere die aktuelle Lage und die Stimmungsaufhellung der Dienstleister sorgten für das zweite Plus in Folge. Zusätzlich unterstützt durch den freundlichen Start der US-Börsen, legte der Dax 1,4% auf 14175 Punkte zu. Von der Erwartung höherer Zinsen profitierten Bankaktien: So gewannen Deutsche Bank 7% auf 10,02 Euro.

Berichte Seiten 4 und 20

Wertberichtigt Seite 6

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