HSBC

Mark Tucker setzt alles auf Rot

Chairman Mark Tucker beschleunigt die Verlagerung des ge­schäftlichen Schwerpunkts nach Asien. Wenn die britische Großbank HSBC am Dienstag ihre Geschäftszahlen für das vergangene Jahr vorlegt, wird sich zeigen, wie stark das Geschäft in der Region zugelegt hat, während Europa und Nordamerika durch die Pandemie gelähmt waren.

Mark Tucker setzt alles auf Rot

Von Andreas Hippin, London

Die Coronavirus-Pandemie wird sich auch beim Umbau der britischen Großbank HSBC als Beschleuniger erweisen. Nachdem bereits Gerüchte über den Umzug von Topmanagern nach Hongkong kursieren, rechnet man am Markt damit, dass sich das Institut noch stärker auf das Geschäft in der Volksrepublik China konzentrieren wird – ungeachtet aller Kritik an seiner Unterstützung für das Vorgehen Pekings in Hongkong. Zudem wird in der „Financial Times“ über einen Ausstieg aus dem bereits im vergangenen Jahr um 80 auf rund 150 Filialen zurückgestutzten Retail Banking in den Vereinigten Staaten spekuliert.

Europa und Nordamerika waren auch im Schlussquartal durch Sars-CoV-2 wie gelähmt. Hinzu kamen die anhaltenden Handelsspannungen zwischen den USA und China, der britische EU-Austritt und ein von der Pandemie belasteter Welthandel. Im dritten Quartal war das Volumen der in den USA an die Kunden ausgereichten Kredite um 9 % zurückgegangen, in Hongkong hatte es dagegen um 3 % zugelegt, in Großbritannien um 2 %. Die Zinsmarge dürfte auch im Schlussquartal unter Druck gestanden haben, nachdem sich in Nordamerika und Europa kein Ende des Niedrigzinsumfelds abzeichnete und der Referenzzins Hibor (Hong Kong Interbank Offered Rate) für eine Laufzeit von einem Monat im Vergleich zum vorangegangenen Quartal Barclays zufolge im Schnitt um 10 Basispunkte zurückging. Analysten haben für Oktober bis Dezember 2020 im Schnitt ein bereinigtes Vorsteuerergebnis von 1,9 Mrd. Dollar auf der Rechnung – weniger als die Hälfte des Vorjahreswerts.

Bereits Anfang Februar richtete die Bank eine Zentrale für das Geschäft im Perlflussdelta ein und übertrug dem HSBC-Veteranen Daniel Chan Hing-yiu die Führung der Expansionsbestrebungen in der südchinesischen Boomregion. In den neun Städten der „Greater Bay Area“ leben zwar nur 5 % der Bevölkerung, doch erwirtschaften sie 12 % des Bruttoinlandsprodukts. Der von Peking geplante Ausbau der Infrastruktur und die Zuweisung komplementärer Rollen für die Städte, zu denen auch Hongkong und Macau gehören, dürfte das Wachstum weiter beschleunigen.

Wie Bloomberg am Wochenende unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Kreise berichtete, sollen in den kommenden Monaten führende Manager der Bank nach Hongkong umgesiedelt werden, darunter Nuno Matos, der neue Chef der Sparte Wealth & Private Banking, Greg Guyett, Co-Head der Sparte Global Banking & Markets, und Barry O’Byrne, der Chef der Sparte Global Commercial Banking.

Käme es dazu, würde ein Großteil des Geschäfts der Bank künftig aus der ehemaligen Kronkolonie geführt. Bereits vor sechs Jahren hatte der damalige HSBC-Chef Stuart Gulliver das Potenzial der Region beschworen. Vor vier Jahren brachte das Institut mit Qianhai Financial das Joint Venture HSBC Qianhai Securities an den Start. Im Mai 2020 kündigte HSBC an, den chinesischen Partner National Trust aus dem Gemeinschaftsunternehmen HSBC Life China herauszukaufen.

Vor dem Brexit wurde auch eine Verlegung des Firmensitzes nach Hongkong diskutiert. Das 1865 als Hongkong & Shanghai Banking Corp. gegründete Institut hatte seinen Sitz 1993 nach London verlegt – vier Jahre vor der Rückgabe Hongkongs an China.

Einer der Gründe, in der britischen Metropole zu bleiben, waren Zweifel daran, dass die Finanzaufsicht von Hongkong das Institut angemessen beaufsichtigen kann. Seitdem Peking in Hongkong durchregiert, dürften neue Ängste hinzugekommen sein.

Personen Seite 12