Alberto Nagel, Mediobanca

Mediobanca zeigt sich in Coronakrise ertragsstark

Die italienische Investmentbank Mediobanca ist der Liebling der Analysten. Nach Veröffentlichung der Zahlen für das erste Halbjahr des Geschäftsjahres 2020/21 (30.6.) haben fast alle von ihnen die Kursziele nach oben korrigiert und empfehlen das...

Mediobanca zeigt sich in Coronakrise ertragsstark

Von Gerhard Bläske, Mailand

Die italienische Investmentbank Mediobanca ist der Liebling der Analysten. Nach Veröffentlichung der Zahlen für das erste Halbjahr des Geschäftsjahres 2020/21 (30.6.) haben fast alle von ihnen die Kursziele nach oben korrigiert und empfehlen das Papier zum Kauf. Für Morgan Stanley hat die Bank „eines der stabilsten Geschäftsmodelle“. Mediobanca hat die meisten Kaufempfehlungen unter allen Bankenwerten.

Im zweiten Quartal steigert das Institut den Nettogewinn auf 211 (Vorjahr: 197) Mill. Euro. Mediobanca gehört mit einer Kapitalrendite von mehr als 10% zu den ertragsstärksten Banken in Europa, weist eine Bruttoquote ausfallgefährdeter Kredite von nur 3,3% aus und eine sehr stabile Kernkapitalquote von 16,2%. Die Aufwand-Ertrag-Relation liegt bei 45%.

Das Geschäftsmodell ist breit aufgestellt: Die Bank setzt auf sehr vermögende Unternehmerfamilien und ruht auf drei Säulen: Corporate und Investment Banking, Assetmanagement und das Segment der Konsumentenkredite, das in der Coronakrise zwar gelitten, sich aber zuletzt erholt hat. Zwischen dem Investment Banking, das im Halbjahr 40% zum Gewinn beitrug, und der Vermögensverwaltung gibt es starke Synergien: Denn die Bank berät viele der 600 reichsten italienischen Unternehmerfamilien, etwa bei einem Verkauf oder einem Börsengang, und verwaltet gleichzeitig deren Vermögen. Die Bank hat in der Vermögensverwaltung 67 Mrd. Euro Assets under Management. „Wir haben ein stark integriertes Modell des Private und Investment Banking geschaffen, dessen Ziel es ist, ein sehr langfristiger Partner für die wichtigsten Unternehmergruppen zu sein“,, sagt CEO Alberto Nagel der Börsen-Zeitung. „Unsere Mission ist es, Wachstumspotenziale und den latenten Wert der Vermögen herauszuholen.“

Appetit auf Übernahmen

Um die Dienstleistungspalette zu erweitern, hat Mediobanca bereits mehrere Adressen aus dem Bereich der alternativen Anlagen übernommen, und zwar Ram Active Investors aus der Schweiz, Cairn Capital und Bybrook Capital. Weitere Übernahmen sind geplant.

Die Bank setzt verstärkt auch auf Club Deals: Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial. Um die Anlagemöglichkeiten auch außerhalb Italiens zu erweitern, ging Mediobanca Private Banking gerade eine Partnerschaft mit dem US-Fondsriesen BlackRock ein.

Hauptgewinnträger ist das Investment Banking. Durch die Übernahme einer Mehrheit an der Investmentboutique Messier Maris & Associés hat die Mediobanca ihre Position in Frankreich deutlich ausgebaut und ist dort jetzt die Nummer 3. Die Bank war im vergangenen Jahr nicht nur in Italien, sondern auch im Nachbarland an praktisch allen relevanten Deals beteiligt, darunter Stellantis, Veolia und Suez, Euronext und Borsa Italiana, Intesa Sanpaolo und Ubi Banca sowie Nexi und Sia.

Einen wichtigen Gewinnbeitrag steuert die Beteiligung von 13% an Generali bei. Sie ist der Bank zufolge kein strategische Beteiligung, sondern eine Kapitalreserve: Sollte eine größere Akquisition anstehen, könnte der Anteil verkauft werden.

Leonardo Del Vecchio, Großaktionär von EssilorLuxottica, ist auch der größte Mediobanca-Eigner: Er hat eine Beteiligung von 13,2% erworben, die er bis auf 20% aufstocken darf. Eine wesentliche Mitsprache hat er nicht: Historische Aktionäre wie Unipol oder der Franzose Bolloré halten weitere 15% und internationale institutionelle Eigner sind mit 50% dabei. Bei der Erneuerung des Verwaltungsrates im Oktober 2020 erhielt Del Vecchio keinen Sitz. Er sieht das Engagement angeblich eher als Finanzinvestment, ist aber auch bei Generali mit knapp 5% dabei.

Die Mediobanca-Aktie hat seit Januar zugelegt. Das ist auch auf den Amtsantritt des neuen Premierministers Mario Draghi zurückzuführen. Nagel begrüßt den Wechsel: „Diese Chance darf nicht verschwendet werden, um Italien wettbewerbsfähiger zu machen und nachhaltiges Wachstum zu kreieren.“

Nagel plant mit einer Ausschüttungsquote von 70% für 2020/21. Wegen des verschobenen Geschäftsjahres zahlt Mediobanca die Dividende normalerweise im November aus. Nach derzeitigem Stand läuft aber das EZB-Verbot von Dividendenzahlungen zum 30. September aus.