Batterieriese CATL entfaltet seine Kapitalmarkt-Power
Batterieriese CATL entfaltet seine Kapitalmarkt-Power
Dem weltgrößten Batteriehersteller gelingt beim Hongkong-Debüt
der lange ersehnte Durchbruch auf internationaler Börsenbühne.
Die hohe Mittelaufnahme bietet Rückendeckung für globale Expansionspläne.
Von Norbert Hellmann, Schanghai
In der Elektromobilitätsszene verbürgen sich die vier Buchstaben CATL für gewaltige Zugkraft. Mit einem spektakulären Listing an der Hong Kong Exchanges unterstreicht der weltmarktführende E-Auto-Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology Co. Ltd. (CATL) nun auch auf der Kapitalmarktebene eine Sonderstellung. Die auf dem chinesischen Festland seit 2018 in Shenzhen notierte CATL schafft neue Anreize für Aktienpräsenz in globalen Portfolios. Internationale Investoren finden nun leichteren Zugang zu einem chinesischen Blue-Chip an vorderster Front der elektrischen Fahrzeugtechnologie.
Bewertungsmalus abgeschüttelt
CATL ist das seltene Kunststück gelungen, im Hongkonger Markt auf ein höheres Kurs-Gewinn-Verhältnis als auf dem Festland zu kommen. Für dual gelistete chinesische Firmen gilt, dass ihre H-Aktien in Hongkong im Durchschnitt einen Bewertungsabschlag von rund einem Drittel gegenüber den A-Aktien in Schanghai oder Shenzhen aufweisen. CATL aber weist gegenwärtig mit seinen neuen Hongkonger Titeln ein Bewertungsplus von gut 10% auf.

Bei einer Kapitalaufnahme von 5,2 Mrd. Dollar stemmt CATL auch im Weltmaßstab den mit Abstand größten Börsengang in diesem Jahr. Das reicht vorerst, um die HKEX im globalen Neuemissions-Ranking für 2025 mit einigem Abstand vor Nasdaq und New York Stock Exchange (NYSE) auf den Spitzenplatz zu hieven.
Europa-Offensive
CATL zufolge dienen die frischen Mittel einzig der Finanzierung ihres mit Abstand größten Auslandsprojekts, dem neuen Batteriewerk für den europäischen Markt im ungarischen Debrecin mit einem gewaltigen Investitionsumfang von 7,3 Mrd. Euro. Debrecin wird die zweite Produktionsstätte im EU-Raum nach dem im vergangen Jahr in Betrieb genommen CATL-Werk in Arnstadt, Thüringen, das deutsche Abnehmer wie BMW und Volkswagen beliefert. Als drittes europäisches Standbein verbürgt sich ein neu aufgezogenes Joint-venture mit Stellantis für den Bau einer Lithium-Eisenphosphat-Batterieanlage im spanischen Zaragoza mit 4,1 Mrd. Euro Investitionsaufwand.
Fremdwährung ist Trumpf
CATL geht es bei der Hongkong-Offerte in erster Linie um internationales Kapitalmarkt-Standing. Angesichts üppiger Cashreserven des Konzerns von umgerechnet rd. 40 Mrd. Euro braucht man de facto keine zusätzliche Kapitalaufnahme, um das Ungarn-Werk und weiterführende europäische Initiativen bequem durchfinanzieren zu können. Eine Kapitalaufnahme in Fremdwährung und weiterführende Offshore-Finanzierungsplattform bringt im Zusammenhang mit Chinas heiklen Kapitalverkehrsbelangen allerdings einigen Komfort.
Flexibilität gesichert
Im Zuge des Handelsstreits mit den USA ist der Yuan teilweise stark unter Druck gekommen und Chinas Staatsanleihen weisen ein hohes Renditegefälle zu US-Treasury-Bonds auf. Die Gefahr von verstärkten Kapitalabflüssen stellt Engagements chinesischer Unternehmen, die mit größeren Devisentransfers einhergehen, unter besonderem Genehmigungsvorbehalt. Hier drohen zeitraubende bürokratische Hindernisse, die die Flexibilität für Investitionsvorhaben im Ausland untergraben. Mit einer Kapitalaufnahme im frei konvertiblen und hauteng an den US-Dollar gebundenen Hongkong-Dollar steht CATL nun auf festerem Boden, um eine weiterführende Globalisierungsagenda anzugehen.
Tempoverlust
Handelspolitische Spannungen setzen Avancen im US-Markt enge Grenzen setzen und erhöhen im EU-Geschäft den Lokalisierungsdruck, sprich den Aufbau von Werken auf europäischen Boden. Das mit höheren Margen unterlegte ausländische Geschäft macht gegenwärtig weniger als 30% der Konzernumsätze aus, die seit dem vergangenen Jahr nicht zuletzt wegen der Preissenkungskämpfe im chinesischen E-Automarkt einem Tempoverlust anheimgestellt sind. Für langfristige Wachstumsperspektiven ist CATL in der Tat stärker auf globale Expansion angewiesen, denn die derzeit noch atemberaubende Dynamik des chinesischen Elektroautomarkts hat Auslaufcharakter.
In diesem Jahr ist der Anteil von New Energy Vehicles (NEV) an den gesamten Pkw-Neuverkäufen auf über 50% gegangen. Die Substitutionsrate von Verbrennern wird in den kommenden Jahren weiter steil ansteigen und dem NEV-Segment überproportional hohes Wachstum verleihen. Gegen Ende der Dekade dürften elektrische Autos bereits rund 90% des Pkw-Absatzes in China ausmachen. Damit wird sich auch das Wachstum bei E-Autos zwangsläufig auf das konventionelles Maß für den weltgrößten Automarkt im mittleren einstelligen Bereich zurückbilden. Abgesehen davon spielt der im vergangenen Jahr forcierte Trend zu Plug-In-Hybriden, die mit einer halb so großen Batteriekapazität wie reine Elektrofahrzeuge auskommen, einer CATL nicht in die Hände.
Bollwerk BYD
Ein potentieller Bremsfaktor im Heimatmarkt lässt sich mit den drei Buchstaben BYD kennzeichnen. Der Shooting-Star und Pkw-Marktführer in Chinas ist einst vom Batteriehersteller zum Autobauer avanciert, und kann sämtliche Modelle hauseigen bestücken. Je stärker BYD-Autos ihren Marktanteil ausweiten, desto mehr engt sich das Absatzspektrum für CATL ein, deren Produkte nie in einem BYD Platz finden werden. In China ist CATL mit derzeit rund 45% Marktanteil klar in Führung vor BYD mit etwa 17%. Analysten beim Research-Haus Bernstein rechnen damit, dass BYD Kraft der Dynamik ihrer Pkw-Verkäufe den Anteil auf bis zu 30% ausweiten könnte.
Geely mischt mit
Neue Konkurrenz erwächst mit den Ambitionen von anderen chinesischen Autobauern, die ein vertikales Geschäftsmodell wie BYD mit eigener Batterieproduktion beäugen. Bestes Beispiel ist der im NEV-Segment zunächst abgehängte, aber nun rasant aufholende private Autobauer Geely. Auch der gedenkt, eigene Werke aufzuziehen, um in nicht allzu ferner Zukunft seine Modelle mit hauseigenen Batterieantrieben bestücken zu können.