Bürokratieabbau zu einem sehr hohen Preis
Bürokratieabbau zu einem sehr hohen Preis
Bürokratieabbau
Zu einem
sehr hohen Preis
Von Detlef Fechtner
Und sie bewegt sich doch: Die Frage, ob die EU ihre Ansage jemals einlösen kann, dass Bürokraten Bürokratie nicht nur aufbauen, sondern auch zurückbauen können, ist beantwortet. Sie kann, wenn sie will. Der erste „Omnibus“, also das erste Gesetzespaket zur Vereinfachung, hat – auch wenn es der formellen Zustimmung noch bedarf – die Endhaltestelle erreicht. Somit lässt sich resümieren: Der EU ist es in recht kurzer Zeit gelungen, eine umfangreiche Entlastung der Unternehmen von Berichts- und Sorgfaltspflichten durch das Gesetzgebungsverfahren zu bringen. Im Vergleich zu früheren Bemühungen ist das Paket sogar geradezu radikal, werden doch 80% der Unternehmen ausgenommen und Sorgfaltspflichten auf besondere Risiken konzentriert.
Aber: Es wäre ungemein wünschenswert gewesen, wenn der Omnibus von einer breiten Koalition der Mitte zum Zielbahnhof gesteuert worden wäre. Denn davon wäre das klare Signal ausgegangen: Europa ist in der Lage, die Ziele des Klimaschutzes mit denen der Wettbewerbsfähigkeit zu versöhnen. Die wichtigsten politischen Kräfte ziehen an einem Strang – und der oft geforderte „Mind shift“ der Gesetzgeber hat auf breiter Basis stattgefunden.
Die Tatsache jedoch, dass sich die Konservativen der Unterstützung von Rechtsaußen bedienen mussten, um das Gesetzespaket durchzubringen, und die Tatsache, dass der Versuch eines Kompromisses der Parteien der Mitte bei diesem zentralen Thema scheiterte, ist viel mehr als ein Schönheitsfehler. Wer daran letztlich schuld war, lässt sich nicht ermitteln. Aber die Folgen sind schlecht für alle Beteiligten. Denn nun hetzen Grüne und Sozialdemokraten gegen den „Sargnagel“ für Lieferketten-Sorgfalt und gegen das „Beschneiden von Menschenrechten unter dem Deckmantel der Vereinfachung“. Das diskreditiert das gesamte Gesetzespaket. Es ist zweifelhafter denn je, ob Omnibus II und folgende am Ziel angelangen. Langsam ist nicht einmal mehr gewiss, wie lange die Zusammenarbeit der demokratischen Parteien im EU-Parlament noch funktionieren wird. Das ist ein hoher Preis für den Omnibus I.
