Der Zugriff auf Frozen Assets ist zu schön, um wahr zu sein
Der Zugriff auf Frozen Assets ist zu schön, um wahr zu sein
Russische Vermögen
Zu schön,
um wahr zu sein
Von Detlef Fechtner
Stellen Sie sich vor, Sie entdecken in Ihrer Tiefkühltruhe Geld. Eingefrorene 140 Mrd. Euro. Wäre doch nicht schlecht, oder? So ungefähr müssen die EU-Premier- und Finanzminister gedacht haben, als ihnen klar wurde, dass in Belgien beim Zentralverwahrer Euroclear riesige russische Vermögen lagern.
Es ist nachvollziehbar, dass ihnen schnell in den Sinn kam, damit ein extrem schwieriges Problem zu lösen, nämlich die finanzielle Unterstützung der Ukraine sicherzustellen. Zugleich war es von Beginn an eine mehr als gewagte Ansage, dass man diese Umschichtung gewähren könne, ohne sich dem Vorwurf der Enteignung auszusetzen – mit allen Risiken wie dem Vertrauensverlust bei internationalen Investoren oder der etwaigen Konfiszierung europäischer Assets in Russland.
Sehr früh gab es zwei laute Stimmen gegen ein solches Reparationsdarlehen, das so heißt, weil es letztlich auf einer Verrechnung mit russischen Zahlungen nach Kriegsende fußt: Die EZB äußerte früh Vorbehalte gegen einen Zugriff auf verwahrte Vermögen. Und die belgische Regierung, die als Euroclear-Heimat erhebliche rechtliche Nachspiele fürchtet, ebenfalls. Aktuell ist die Lage vertrackt. Einiges spricht dafür, dass die Nutzung der russischen Vermögen bedeutet, dass die EU-Staaten oder die EU zumindest gewisse Haftungsrisiken eingehen.
Alle Beteiligten mögen Argumente haben. Trotzdem müssen sie sich verständigen. Schließlich würden die Aussichten gegen null schwinden, irgendwann zu einer Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine zu gelangen respektive einen Diktatfrieden zu verhindern, wenn es offensichtlicherweise der EU nicht mehr gelänge, der Ukraine finanziell den Rücken zu stärken. Um einen solchen Offenbarungseid zu verhindern, muss über alle Optionen nachgedacht werden – über augenscheinliche Enteignung ebenso wie über eine Teilhaftung der EU-Staaten oder sogar über gemeinsame EU-Schulden. Die Hoffnung, durch den Zugriff auf Frozen Assets eine einfache Lösung gefunden zu haben, war von Anfang an zu schön, um wahr zu sein.
