Notiert in Moskau

Die Börse als Seismograf und vielsagende Soundtracks

Die russische Börse zeigte kürzlich wieder, wie sehr die Wirtschaftswelt Frieden will. Wie nah er ist, weiß neben Kremlchef Wladimir Putin am ehesten Kirill Dmitrijew. Ein Blick auf seinen Instagram-Account ist lohnend.

Die Börse als Seismograf und vielsagende Soundtracks

Notiert in Moskau

Die Börse als Seismograf

Von Eduard Steiner

Ist es Vorfreude? Ist es Hoffnung? Oder ist es am Ende gar so etwas wie Wissen? Jedenfalls lässt aufhorchen, dass der russische Finanzminister, Anton Siluanov, vergangene Woche im Interview mit dem russischen TV-Sender RBK am Rande eines Wirtschaftsforums zum Kauf russischer Aktien geraten hat, sofern man als Investor mittel- und langfristig denke.

Nun, Investmentbanker sind da doch etwas zurückhaltender. Angesichts der Tatsache, dass der russische Leitzins immer noch bei hohen 16,5% liegt, was auch die Einlagenzinsen der Banken hochhält, raten sie Kleinanlegern, ihr Geld gutverzinst in den Banken liegen zu lassen, was viele ohnehin seit über einem Jahr tun. Erst wenn der Leitzins sinke, werde eine Umschichtung attraktiv, so der Tenor.

Gewiss, Siluanovs Vorstoß hat einen speziellen Hintergrund: So hat Staatspräsident Wladimir Putin verfügt, ein Programm für Börsengänge (IPO) und Zweitplatzierungen (SPO) für Staatsunternehmen auszuarbeiten, was in weiterer Folge den russischen Kapitalmarkt antreibe. Schon 2024 hatte Putin die Aufgabe gestellt, die Marktkapitalisierung der Börse auf 66% des Bruttoinlandsproduktes zu verdoppeln. Aktuell liegt sie seiner Einschätzung zufolge bei 23% des BIP.

Trump ist kursbewegend

Aber einmal abgesehen von Putins Aufträgen: Die Börse bleibt auch in Russland ein Seismograf für die laufenden und sich abzeichnenden Prozesse in Wirtschaft und Politik. Und dabei reagiert sie nach wie vor auf US-Präsident Donald Trump. Macht er wie am 20. November – durch das Bekanntwerden des 28-Punkte-Planes zum Stopp des Ukraine-Krieges – einen Vorstoß, bricht in der russischen Wirtschaftswelt Optimismus aus. Um 7,5% legte der breite Markt binnen dreier Tage rund um den 20. November zu. Gut, zur Zeit von Trumps Amtsantritt und seiner ersten Friedensoffensive im Februar 2025 war die Euphorie noch größer. Inzwischen ist man realistischer geworden und weiß, dass es auf dem Weg zum Waffenstillstand und zum Frieden viele Stolpersteine gibt.

Einer der ganz wenigen, die am besten wissen, wie fern oder nahe man dem Frieden ist, ist Kirill Dmitrijew, der Sondervertreter des Kremls bei den Gesprächen mit den Amerikanern. Der Ex-Investmentbanker, der in den USA gelebt, studiert und gearbeitet hat, ist ob seiner Landeskenntnis wohl prädestiniert für diese Aufgabe. Und für den wirtschaftlichen Part der Verhandlungen ist er insofern der Geeignetste, als er in Russland hauptzuständig für ausländische Direktinvestitionen ist.

Vielsagende Liedauswahl

Als Anekdote bemerkenswert ist, was Dmitrijew nach den Verhandlungen mit Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner Anfang Dezember tat: Auf Instagram – das zu dem in Russland verbotenen Meta-Konzern gehört – publizierte er Fotos vom Treffen und unterlegte sie mit Musik. Etwa mit „Palazzo Medici“ von Matteo Curallo, einem Titel aus dem Film „Mission impossible“ und einem elektronischen Track namens „Peacemakers“.