Dolce Vita in Duisburg
Notiert in Berlin
Dolce Vita in Duisburg
Von Andreas Heitker
Schon nach Ende der Koalitionsverhandlungen behauptete Friedrich Merz, er sei urlaubsreif. Nun hat er aus der Bundesregierung doch nahezu am längsten durchgehalten. In der nächsten Woche will der Kanzler noch einmal das Kabinett leiten. Danach steht endlich auch für ihn eine Sommer-Auszeit an. Wohin es geht, hat er bislang nicht verraten. Die Wetten gehen in Richtung Sauerland oder sein Ferienhaus am Tegernsee.
Die Zeiten, in denen deutsche Bundeskanzler ihre immer gleichen Urlaubsdomizile öffentlich zelebrierten, sind auch vorbei. Wer erinnert sich nicht an die vierwöchigen Aufenthalte von Helmut Kohl am österreichischen Wolfgangsee. Zwischendurch kam Margaret Thatcher zu Besuch oder Franz Josef Strauß oder die Presse, der das heile Familienleben präsentiert wurde.
Der Urlaub steht für ein bestimmtes (gesellschafts-)politisches Selbstverständnis
Die deutschen Regierungschefs nutzten ihre Urlaube immer schon, um ihr Image aufzupolieren und ein bestimmtes (gesellschafts-)politisches Selbstverständnis zu präsentieren. Kohls Nachfolger, Gerhard „Barolo Brioni“ Schröder gehörte da eher zur Toskana-Fraktion, die ein modernes, weltgewandtes Lebensgefühl vermitteln wollte – gerne an der italienischen Küste oder auch mal in der Finca auf Mallorca.
Dabei war Italien in der deutschen Politik auch schon viel früher en vogue, wie man heute sagen würde. Schon Konrad Adenauer war jeden Sommer Stammgast in Cadenabbia am Comer See. Insgesamt wurden 18 Urlaube des Rheinländers in der dortigen Villa La Collina gezählt. Heute ist dort die „Accademia Konrad Adenauer“ zu finden und im Garten eine Statue des langjährigen Kanzlers beim Boccia-spielen.

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Wie Merz hatte auch Ludwig Erhard ein Ferienhaus am Tegernsee. Kurt-Georg Kiesinger mochte eher den Bodensee und Helmut Schmidt den Brahmsee in Schleswig-Holstein. Hier empfing er in seiner Hütte zum Schachspielen oder Segeln auch Gäste wie den damaligen schwedischen Regierungschef Olof Palme oder den Schriftsteller Siegfried Lenz. Willy Brandt wiederum hatte eine persönliche Beziehung zu Norwegen. Dass er in den Urlaub dorthin einmal auch einen gewissen Günter Guillaume mitnahm, war dann der Anfang vom Ende.
Angela Merkel schließlich zeigte sich im Urlaub immer wieder beim Wandern in Südtirol oder ebenfalls an der italienischen Küste. Nachfolger Olaf Scholz wanderte immerhin noch bodenständiger im bayrischen Allgäu oder ließ seinen Sprecher unglamourös mitteilen, er mache Urlaub „im befreundeten europäischen Ausland“.

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Auch in der heutigen schwarz-roten Koalition steht Italien hoch im Kurs: Justizministerin Stefanie Hubig und Landwirtschaftsminister Alois Rainer sind dort zu finden. Außenminister Johann Wadephul will an den Gardasee. Umweltminister Carsten Schneider fliegt dagegen – wie schon öfter – nach Mallorca. Viele andere verbringen ihren Sommer in heimischen Gefilden. Arbeitsministerin Bärbel Bas etwa: Sie bleibt schlicht in ihrem Wahlkreis. Duisburg im Sommer? Das hat doch auch was.