KommentarThyssenkrupp

Endlich kehrt Realismus ein

Bei Thyssenkrupp hat Realität Einzug gehalten. Die Prognose ist düster, doch kostet Restrukturierung nun einmal viel Geld.

Endlich kehrt Realismus ein

Thyssenkrupp

Bittere
Wahrheit

Von Annette Becker

Mit einer düsteren Prognose für das neue Geschäftsjahr hat Thyssenkrupp die Investoren einmal mehr auf dem falschen Fuß erwischt. Die Aktie brach in der Spitze um über 12% ein. Wenngleich der MDax-Wert trotzdem noch zu den Top-Performern des Jahres 2025 gehört, ist die Kursreaktion vergleichsweise vernichtend. Denn Hauptgrund für den erwarteten Fehlbetrag in dem im Oktober angelaufenen Geschäftsjahr sind in erster Linie Restrukturierungsaufwendungen, die letztlich auch zu einem hohen Mittelabfluss führen.

Die Marktreaktion lässt zweierlei Interpretationen zu: Entweder haben die Investoren den kostspieligen Restrukturierungsaufwand unterschätzt, oder aber das Vertrauen in das Management, mit beherzten Umbaumaßnahmen das Dickschiff Thyssenkrupp wieder auf Kurs zu bringen, ist nicht mehr vorhanden. Letzteres wäre insofern nicht verwunderlich, als sich der Vorstand seit Jahren müht, dem schlingernden Industriekonzern eine Zukunftsperspektive zu geben – bislang mit überschaubarem Erfolg.

Mit aller Konsequenz

Doch muss man Konzernchef Miguel López zugutehalten, dass er die erforderliche Transformation nun mit aller Konsequenz angeht, auch wenn das viele Arbeitsplätze kostet. Wie seine Vorgänger hat sich auch López zu lange der Illusion hingegeben, dass alles besser wird, wenn die Wirtschaft erst wieder anspringt. Heute ist klar, dass es mit ein bisschen Kosmetik hier und da nicht getan ist. Dafür sind die geo- und handelspolitischen Umbrüche zu gewaltig. Ganz abgesehen davon, dass die konjunkturelle Erholung weiter auf sich warten lässt.

Mit klassischen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen sind die strukturellen Probleme nicht in den Griff zu bekommen. Zumal die Geschäfte, in denen Thyssenkrupp unterwegs ist, vornehmlich in den deutschen Krisenbranchen angesiedelt sind – besonders exponiert ist Thyssenkrupp dabei in der Automobilindustrie. Das betrifft nicht nur das Stahlgeschäft, sondern auch das Autozuliefergeschäft und den Werkstoffhandel. Die drei Segmente standen zuletzt für einen Umsatzanteil von 86% und bestimmen das Ergebnis.

Bitter aus Investorensicht

Auch beim Aufstellen der Segmentprognose hat inzwischen Realität Einzug gehalten. Größere Wachstumssprünge werden keinem Segment zugetraut. Auch wenn es aus Investorensicht bitter ist, die Wahrheit anzuerkennen, so stammt doch genau von dieser Stakeholdergruppe die Forderung: kein weiter wie bisher.

Die Transformation von Thyssenkrupp wird äußerst kostspielig. Das hätten die Investoren eigentlich wissen müssen.