Fast wie Weihnachten
Fast wie Weihnachten
Bayer
Fast wie Weihnachten
Von Annette Becker
Die Chancen für Bayer, einen Schlussstrich unter die Causa Glyphosat ziehen zu können, sind mit der Rückendeckung der US-Regierung gestiegen.
Beim Ausräumen der milliardenschweren Glyphosat-Klagen hat Bayer eine wichtige Wegmarke erreicht: Der Generalstaatsanwalt, der die US-Regierung beim Supreme Court vertritt, unterstützt einen Antrag der Leverkusener, ein Glyphosat-Urteil zu prüfen. Der Solicitor General gibt Bayer dabei sowohl in rechtlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht Rückendeckung. Damit hat das oberste US-Gericht zwar längst noch kein Urteil gefällt. Doch sind die Chancen beträchtlich gestiegen, der hochprofessionellen US-Klageindustrie den Nährboden für das Einwerben weiterer Glyphosat-Kläger zu entziehen.
Wenngleich der Supreme Court nur einen konkreten Fall prüft, geht es um eine Grundsatzfrage: Können einzelne US-Bundesstaaten US-Bundesrecht durch eigene Rechtsprechung außer Kraft setzen? Die US-Umweltbehörde EPA stuft das Herbizid Glyphosat als nicht krebserregend ein und verbietet daher, einen Warnhinweis auf dem Produkt anzubringen. Die Kläger, die im Gebrauch von Glyphosat den Auslöser für ihre Krebserkrankung sehen, bekamen dagegen Schadenersatz zugesprochen, weil der Warnhinweis fehlte.
Zu früh für Sektkorken
Natürlich gibt es weiterhin viel Wenn und Aber, und selbst wenn der Supreme Court zugunsten von Bayer entschiede, lösten sich die anhängigen Klagen dadurch nicht in Luft auf. Doch wäre mit einem positiven Urteil der Grundstein gelegt, um den Rechtskomplex absehbar zu den Akten legen zu können. Immerhin beschäftigt Bayer seit dem ersten verhängnisvollen Urteil, das Mitte 2018 erging, nicht nur Heerscharen von Anwälten, um der Klagwelle Herr zu werden.
Vielmehr binden die Rechtsstreitigkeiten, die sich Bayer mit der Übernahme von Monsanto einkaufte, enorme Managementkapazitäten und kosten obendrein extrem viel Geld. Mehr als 10 Mrd. Euro hat Bayer inzwischen in Vergleichszahlungen gesteckt, der Rückstellungsbestand belief sich Ende September auf 6,5 Mrd. Euro – wohlgemerkt nur für den Glyphosat-Komplex.
Eingedenk der Erfahrungen, die Bayer in den vergangenen Jahren mit dem US-Rechtssystem machen musste, dürfte sich die jetzige Entscheidung wie eine vorzeitige Bescherung anfühlen. Für das Knallen von Sektkorken ist es jedoch viel zu früh. Bis Ende 2026 hat Bayer-Chef Bill Anderson versprochen, die Rechtsrisiken signifikant einzudämmen. Die Chancen steigen.
