Frankfurt

Giftiges Klima für das Geld-Wahrzeichen

Die Euro-Skulptur am Frankfurter Willy-Brandt-Platz soll ein geeintes Europa symbolisieren, doch dient sie zugleich als Kulisse für Proteste gegen das Finanzwesen und die EU.

Giftiges Klima für das Geld-Wahrzeichen

Sie soll ein Symbol eines geeinten Europa sein, verbunden mit dem Projekt einer gemeinsamen Währung. Am Dienstag jedoch stand die Euro-Skulptur am Willy-Brandt-Platz in Frankfurt umhüllt von grünem Rauch, wie das Drehbuch des Vereins „Koala-Kollektiv“ vorgab. Mit Schutzanzug und Gasmasken bauten sich die Aktivistinnen und Aktivisten vor der Skulptur auf und platzierten am Euro-Symbol ihre Botschaft. „Don’t F*ck Our Future“, war dort zu lesen, „Stop EU’s Greenwashing“. Der Protest richtete sich gegen die Pläne der EU-Kommission, die Atomkraft und Erdgas unter bestimmten Umständen in die Taxonomie, also die Liste nachhaltiger Geschäftszweige, aufnehmen will, – eine Idee, die in Deutschland weithin auf Ablehnung stößt. Die Skulptur sei auch ein Symbol des Finanzwesens und der EU, sagte eine Sprecherin der Gruppe.

Die Symbolkraft bringt einen Deutungsstreit mit sich. Der Verein Frankfurter Kultur-Komitee, der das Kunstwerk des Objektkünstlers Ottmar Hörl unterhält, müht sich um eine positive Sicht: Für den 7. Mai rief der Verein den „Tag des Euro“ aus, den er 2021 wegen der Pandemie im September nachzog: Am Eu­ro-Zeichen versammelten sich Kinder, die in unterschiedlichen Sprachen Währung und europäische Einheit zelebrierten. Die junge Ge­neration kenne die ur­sprünglichen Grenzen Europas mit Zollschranken und eigenen Währungen nicht mehr, hebt der Verein hervor.

Gerade Organisationen aus dem linken Spektrum nutzen die 2001 errichtete Skulptur als Kulisse, wenn sie das Finanzwesen, die EZB oder die Europäische Union kritisieren. Schon das Blockupy-Bündnis schlug hier ein Zeltlager auf. Aktivisten des Vereins Seebrücke, der sich gegen die harsche Abschottung der EU richtet, kletterten vergangenen Sommer auf die 14 Meter hohe Skulptur und ließen das Transparent „EU Kills“ herunter. Zum zurückliegenden Weltspartag wiederum malten verschiedene Vereine Flammen und die Botschaft „Stop Funding Fossil Fuels“ auf den Willy-Brandt-Platz.

Protest ist willkommen. Zuweilen aber richtet sich gegen das Euro-Symbol auch zerstörerische Wut, wie Manfred Pohl berichtet, Gründer und Vorstandsvorsitzender des Kultur-Komitees. So sei der Stromkasten kaputt geschlagen worden und die Schautafeln seien angegriffen worden. Die Fälle der Sachbeschädigung häuften sich. Ob der Vandalismus der viel kritisierten EZB-Politik geschuldet ist oder der Wut auf staatliche Autorität im Zeitalter der Pandemie, vermag er nicht zu sagen. Verärgert sei er aber, dass die Skulptur auch bei einer öffentlichen Demonstration beschädigt worden sei, nämlich als die Seebrücke-Aktivisten auf das Kunstwerk geklettert waren. Zu dem Vorwurf äußert sich der Verein auf schriftliche Nachfrage hin allerdings nicht.

Eines blieb der 50 Tonnen schweren Skulptur bisher erspart: ein zeitweilig erwogener Umzug an das heutige Hauptquartier der EZB am Osthafen. Das Symbol steht längst für mehr als für Währung und Zentralbank, und es symbolisiert nicht nur die mal geliebte und mal verachtete EU. Das Kunstwerk ist ein Wahrzeichen Frankfurts. Der Wirbel steigert den Bekanntheitsgrad.

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