KommentarGeldpolitik

Ein optimaler US-Arbeitsmarkt

US-Notenbankchef Jerome Powell kann sich glücklich schätzen. Der US-Arbeitsmarkt bleibt stark, boomt aber nicht mehr und spiegelt nachlassenden Lohndruck wider. Folglich verfügt die Fed über einen zinspolitischen Handlungsspielraum wie seit Jahren nicht mehr.

Ein optimaler US-Arbeitsmarkt

USA

Optimaler Arbeitsmarkt

Von Peter De Thier

Gut drei Jahre nach der Corona-Pandemie befindet sich der US-Arbeitsmarkt nicht nur in einem gesunden Zustand, sondern in geradezu optimaler Verfassung. Die Neueinstellungen legten im November zu, aber nicht mehr mit den exorbitanten Raten zwischen 400.000 und 900.000 Jobs pro Monat, die ab Anfang 2021 gemessen wurden. Gleichzeitig rückt die Arbeitslosenquote wieder in die Richtung statistischer Vollbeschäftigung. Unterdessen steigen die Löhne weniger als im Vorjahr, und das ist gerade aus Sicht der Notenbank eine gute Nachricht. 

Unterm Strich dürfte der jüngste Bericht sowohl US-Präsident Joe Biden als auch Notenbankchef Jerome Powell zufriedenstellen. Mit dem steten Stellenwachstum und der niedrigen Arbeitslosenquote kann sich Biden vor dem Hintergrund des US-Wahlkampfs schmücken. Er muss lediglich seine Landsleute, die seine Wirtschaftspolitik geißeln, daran erinnern, dass der Jobmarkt stark ist und die Inflation deutlich zurückgegangen ist.

Für Powell zählen hingegen andere Kriterien. Er hat unmissverständlich klargemacht, dass die Fed einen „schwächeren“ Arbeitsmarkt als unverzichtbare Voraussetzung für einen nachhaltigen Inflationsrückgang ansieht. Genauer gesagt: Powell wünscht sich eine leichte Abkühlung, die einen geringeren Lohndruck zur Folge haben würde. Zwar haben die Neueinstellungen gegenüber Oktober wieder zugelegt. Verglichen mit dem Boom in den Jahren unmittelbar nach der Corona-Pandemie ist die Abkühlung aber längst eingetreten. 

Reallöhne steigen

Obwohl die Löhne weniger klettern, liegen die Steigerungen mittlerweile wieder oberhalb des Verbraucherpreisindex und spiegeln somit eine Zunahme der Reallöhne wider. Genau das wollte Powell sehen. Folglich ist zu erwarten, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses nächste Woche nicht nur auf die zwölfte Zinserhöhung seit März 2022 verzichten werden. Auch können die Währungshüter beginnen, darüber nachdenken, wann sie im kommenden Jahr beginnen sollten, den Geldhahn wieder vorsichtig aufzudrehen.

Erste Signale dafür, wann und in welchem Umfang sie gedenken, die Zinsschraube wieder zu lockern, wird die Notenbank kommenden Mittwoch geben, wenn die aktualisierten Prognosen für 2024 bis 2026 veröffentlicht werden. Summa summarum kann sich Powell jedenfalls glücklich schätzen. Die Wirtschaft wächst, der Jobmarkt bleibt robust und die Inflation geht zurück. Er verfügt nun bequem über den Spielraum, um in beide Richtungen zu reagieren, sowohl im Falle eines unerwarteten Inflationsschubs als auch einer plötzlichen konjunkturellen Abschwächung.

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