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Krypto-Enthusiasten verleugnen die Realität des Marktes

Nach den Klagen der SEC gegen Binance und Coinbase zeigt sich einmal mehr, in welchem Ausmaß sich die Krypto-Marktteilnehmer der Realität verweigern.

Krypto-Enthusiasten verleugnen die Realität des Marktes

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Krypto ohne Realitätssinn

Von Alex Wehnert

Es gibt wohl kaum ein anderes Marktsegment, dessen Vertreter in einem solchen Ausmaß mit der Realität auf Kriegsfuß stehen wie die Unternehmer und Investoren der Digital-Assets-Szene. Dies zeigt sich nach den Klagen der SEC gegen die Kryptobörsen Binance und Coinbase einmal mehr eindrucksvoll. Denn während die Börsenaufsicht beiden Firmen massive Verstöße gegen US-Wertpapierrecht vorwirft, ist unter Krypto-Enthusiasten vom „Zenit des Regulierungswahnsinns“ die Rede. Sogar ein baldiges Einknicken der SEC, die schließlich Gegenwind von republikanischen Politikern erfahre, stellen Branchenvertreter in Aussicht.

Doch damit ist angesichts der Schwere der Vorwürfe gegen die Digital-Assets-Plattformen keineswegs zu rechnen. Binance soll ohne Lizenz eine Börse in den Vereinigten Staaten betrieben und Kundengelder missbraucht haben, um ihre Handelsvolumina durch manipulatives Trading aufzublähen. Dass der weltgrößte Kryptomarktbetreiber in der Folge wohl vom US-Bankensystem abgeschnitten wird und Dollar-Einzahlungen sowie Fiat-Abhebungskanäle aussetzt, ist für die Digital-Assets-Szene ein nur schwer zu verkraftender Schlag.

Dass die SEC aber auch gegenüber Coinbase – einem Unternehmen, das in den USA börsennotiert ist und über Lizenzen als Geld- und Transferdienstleister verfügt – Ernst macht, stellt die Zukunft digitaler Assets noch darüber hinaus infrage. Die Aufsicht sieht auf der Plattform gelistete Cyberdevisen wie Solana, Cardano und Polygon als nicht registrierte Wertpapiere. Damit müssen auch andere Dienstleister, die diese Assets in den USA zum Handel anbieten, mit Klagen rechnen. Der Broker Robinhood nimmt Solana, Cardano und Polygon bereits von seiner Plattform.

Es ist davon auszugehen, dass weitere Dienstleister diesem Beispiel folgen – dies dürfte die Krypto-Adoption im wichtigsten Finanzmarkt der Welt scharf ausbremsen. Denn der Großteil der Investoren ist entweder nicht bereit oder nicht in der Lage, eigene digitale Wallets zu verwalten oder auf anderen Wegen abseits zentraler Börsen mit Cyberdevisen zu handeln.

Die Branche versammelt sich nun hinter Coinbase-CEO Brian Armstrong. Doch dessen Strategie, der SEC marktschädigendes Verhalten und überkomplexe Registrierungsprozesse vorzuwerfen, dürfte die Behörde noch aufstacheln. Wirtschaftskanzleien halten es immerhin für möglich, dass der Fall SEC gegen Coinbase auch den Obersten Gerichtshof der USA beschäftigen könnte. Kommt es so, dürfte sich dort die Zukunft des Digital-Assets-Markts entscheiden.

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