Schmortopf des Grauens

Von Servicewüste Deutschland kann nicht die Rede sein. Doch Outsourcing und Systemumstellungen machen es Mitarbeitern nicht leicht.

Schmortopf des Grauens

Notiert in London

Schmortopf des Grauens

Von Andreas Hippin

Sammeln Sie Treuepunkte? Natürlich! Wenn man schon einmal den Urlaub in Deutschland verbringt, nimmt man alles mit. Und wenn man dank der gehorteten Punkte am Ende den Silit-Schmortopf Colexio zum Schnäppchenpreis erwerben kann, dann sowieso. Denn zumindest im Schwabenland hat die WMF-Marke einen Ruf wie Donnerhall. Zu dumm nur, dass sich beim Auspacken in London ein Verarbeitungsfehler am Rand zeigt.

Deutschland, keine Servicewüste

Weil sich das ewige Gejammer über die Servicewüste Deutschland schon so tief ins Gedächtnis eingegraben hat, macht man sich keine großen Hoffnungen. Doch der per E-Mail kontaktierte Kundenservice in Geislingen bietet gleich zwei Optionen an: Rücksendung in Deutschland oder Reklamation in Großbritannien. Wir wählen Letzteres. Es ist Januar 2023 und der Topf macht sich auf den Weg zum externen Dienstleister Novo, der solche Dinge auf der Insel für Silit erledigt.

Lange Funkstille

Und dann ist lange Funkstille. Wechselnde Kundenberater beantworten die Frage, was denn aus der Sache geworden sei, immer wieder mit der Bitte um mehr Zeit, damit sie das „mit dem Team“ klären können. Im März heißt es schließlich, man habe Ersatz geordert. Dann herrscht wieder Sendepause. Der deutsche Kundendienst teilt mit, man könne den Stand von Reklamationen in anderen Ländern leider nicht einsehen. Im August heißt es dann von britischer Seite, man könne keinen Ersatz beschaffen, weil es sich bei dem Topf nicht um ein britisches Produkt handele. Stattdessen könnten wir zwischen zwei Tefal-Produkten wählen. Aber das kommt natürlich nicht in Frage. Also bitten wir um Rücksendung, was von Novo in kürzester Zeit bewältigt wird.

Hohe Bearbeitungskosten

In Deutschland ist man netterweise bereit, das Produkt immer noch zurückzunehmen. Vor Weihnachten schicken wir es ein. Verdient hat Silit an dem Topf angesichts der hohen Verwaltungskosten schon lange nichts mehr. Schließlich mussten zahlreiche E-Mails geschrieben und die von uns ausgefüllten Formulare bearbeitet werden. Für Erbsenzähler ist es längst ein Schmortopf des Grauens.  

Falsche Adresse

Und wieder herrscht Funkstille. Auf Rückfrage findet der Kundenberater in Geislingen den Vorgang nicht gleich. Es habe eine Systemumstellung gegeben. Als er sich zurückmeldet, sagt er, Ersatz sei bereits verschickt und zugestellt worden. Leider nicht bei uns. Wir füllen eine Verlustmeldung aus. Der Kundendienst veranlasst eine Nachlieferung, die auch nicht ankommt. Doch kurz vor unserem Rückflug vergangene Woche bringt ein weit entfernter Nachbar das Paket. Bei der Systemumstellung ging wohl eine Ziffer der zweistelligen Hausnummer verloren.

All das zeigt, dass von Servicewüste keine Rede sein kann. Die Bereitschaft ist da. Outsourcing und Systemumstellungen sorgen aber dafür, dass die Lösung von Problemen länger dauern kann. Komisch nur, dass der Rand des Ersatzprodukts stark an den des reklamierten Topfes erinnert.

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