Ottobock strebt ehrgeizige Bewertung an
Börsengang
Ottobock bewertet sich ehrgeizig
Von Christoph Ruhkamp
Der europäische IPO-Markt ist so schwach wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. Für anhaltende Unsicherheit sorgten bisher in diesem Jahr vor allem der Trump´sche Liberation Day Anfang April und der Angriff Israels auf den Iran im Juni. Beide Ereignisse hatten dafür gesorgt, dass etliche Börsengänge nicht stattfanden oder sogar im letzten Moment abgesagt wurden wie etwa bei Autodoc oder bei Brainlab. Das größte Debüt in diesem Herbst wäre der Generikakonzern Stada aus dem Portfolio der Finanzinvestoren Bain und Cinven gewesen. Stattdessen wurde Stada an die britische Private-Equity-Firma Capvest verkauft. Offenbar war die gewünschte Bewertung an der Börse nicht erzielbar oder unsicher.
Das Misstrauen der Investoren ist bei den Exits aus Private-Equity-Hand stetig gewachsen. Meist verlangen die Anleger für die Aktien der oft hoch verschuldeten Unternehmen erhebliche Abschläge zur Bewertung bereits börsennotierter Rivalen. Etwas anders sieht das bei Unternehmen aus Familienbesitz aus. Offenbar herrscht in diesem Fällen mehr Vertrauen zwischen Eigentümern und Aktieninvestoren bei der schwierigen Einigung auf einen angemessenen Preis. So hat der schwäbische Stromnetzausrüster Pfisterer es nicht nur im Freiverkehr an die Börse geschafft, sondern der Kurs hat seither auch kräftig zugelegt. Inzwischen liegt das Plus seit IPO bei 126%.
Mutiger Schritt
Deshalb könnte sich auch der Mut von Ottobock auszahlen, in diesem Herbst an die Börse zu gehen. Das Unternehmen, das von Hans Georg Näder und seiner Familie als Alleineigentümerin vollständig kontrolliert wird, wächst kräftig und hat kaum Schulden. Das dürfte Vertrauen wecken. Allerdings wird das Bookbuilding auch so kein Kinderspiel. Denn offenbar strebt die Familie eine Bewertung an, die keinen Abschlag gegenüber den gelisteten Konkurrenten vorsieht. Üblicherweise lag ein solcher Discount in den vergangenen drei Jahren bei 25% bis 30%. Tatsächlich ist Ottobock mit seinen Produkten ein Innovationsführer und hoch profitabel. Trotzdem werden sich die IPO-Investoren schwer damit tun, wenn sie keinerlei Preisnachlass erhalten.