LeitartikelEuropäische Banken

Gewinnmitnahmen ante portas

Nach neun Monaten zeichnet sich ab, dass 2025 ein Rekordjahr für die europäischen Banken ist. Nach dem Höhenflug an der Börse sind nun aber Gewinnmitnahmen zu erwarten.

Gewinnmitnahmen ante portas

Europäische Banken

Gewinnmitnahmen ante portas

Die europäischen Banken steuern auf ein Rekordjahr zu. Viel davon dürfte allerdings schon eingepreist sein – nicht zuletzt dank zahlreicher Aktienrückkäufe.

Von Anna Sleegers

Die europäischen Banken haben eine außerordentlich starke Berichtssaison hinter sich. Trotz hoher regulatorischer Lasten, steigender Insolvenzzahlen und fehlenden Rückenwinds von der Europäischen Notenbank jagte in den vergangenen Wochen ein Ergebnisrekord den anderen. Wie ein roter Faden zieht sich eine starke Entwicklung der Provisionsergebnisse bei vergleichsweise stabilen Zinsergebnissen durch die Zahlenwerke der Institute.

Lukrative Absicherungsgeschäfte

Die hohe Volatilität an den Märkten und die Aktivitäten im Geschäft mit Übernahmen und Fusionen (Mergers & Acquisitions/M&A) beflügeln das Geschäft der Investmentbanken. So unschön die steigende geopolitische Unsicherheit und der zunehmend unberechenbare Zank um die Zölle für die Unternehmen sind – Banken, die Absicherungsgeschäfte anbieten, verdienen gutes Geld daran.

Eigenkapitalrenditen steigen

Die Kosten- und Effizienzprogramme der vergangenen Jahre haben insbesondere den deutschen Instituten geholfen, profitabler zu werden. Mit einer gemittelten Eigenkapitalrendite (RoE) von 7,3% hinken sie jedoch weiterhin hinter dem europäischen Wettbewerb hinterher, der im Schnitt auf 10,7% kommt. Die Gründe dafür sind bekannt: Die größte Volkswirtschaft in Europa ist die einzige, die sich weiterhin ein dreisäuliges Bankensystem leistet. Dies ist politisch gewollt und mag mit Blick auf die Finanzstabilität und die Kreditversorgung des Mittelstands gewisse Vorteile bieten. Ideale Rahmenbedingungen für Investoren bietet die hiesige Bankbranche jedoch nicht.

Deutsche Institute punkten bei der Kapitalausstattung

Doch die Wettbewerbsbedingungen sind nicht der einzige Erfolgsfaktor. Das stetige Wachstum der Auslandsbanken in Deutschland und die neuen Angebote, die BBVA und J.P. Morgan jüngst im Privatkundensegment lanciert haben, untermauern, dass der Standort durchaus seinen Charme für Finanzdienstleister hat. Punkten können die deutschen Banken auch mit einer hohen Qualität ihrer Kreditportfolios. Trotz anhaltender Rezession liegt der Anteil der faulen Kredite (Non-performing-Loans/NPL) am gesamten Kreditbestand bei 1,5%. Und ihre Kapitalausstattung ist mit einer durchschnittlichen CET1-Quote von 17,3% außerordentlich komfortabel.

Europäische Bankaktien mit Outperformance

Die beiden großen Privatbanken in Deutschland nutzen dies zunehmend, um die Früchte ihres Geschäftserfolgs an die Aktionäre weiterzugeben. Dabei setzen sie nicht bloß auf Dividenden, die bei der Commerzbank und der Deutschen Bank in der Vergangenheit ja nur oft ein Hoffnungsposten war. Im Kampf um die Gunst der Anleger ziehen sie inzwischen mit den europäischen Wettbewerbern gleich und kaufen im großen Stil eigene Aktien zurück. Dadurch verknappen sie das Angebot und befeuern den Höhenflug der Aktienkurse noch. Seit Jahresbeginn ist der Branchenindex Eurostoxx Banks um beinahe 150% gestiegen. Seine Performance war damit mehr als doppelt hoch wie die des breiten Marktindex Eurostoxx 600.

Gewinnmitnahmen wahrscheinlich

Doch an der Börse gehandelt werden bekannterweise die Gewinne von Morgen. Daher ist davon auszugehen, dass die nach den starken Neun-Monats-Zahlen berechtigte Hoffnung auf ein Rekordjahr 2025 für die europäischen Banken längst eingepreist ist. Es würde daher nicht überraschen, wenn die Investoren in den kommenden Wochen, die eine oder andere Gelegenheit nutzen, um die ansehnlichen Buchgewinne zu realisieren, die ihnen die Investition in Bankaktien beschert hat. Auch wenn kurzfristig zumindest auf breiter Front eher nicht mit weiteren Kurssprüngen zu rechnen ist, sollten sich langfristig orientierte Anleger davon nicht nervös machen lassen.

Warten auf Zweitrundeneffekte

Ob es den europäischen Banken gelingt, ihre Erfolgsgeschichte 2026 nahtlos weiterzuschreiben, hängt vor allem davon ab, dass die beschlossenen staatlichen Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur irgendwann auch umgesetzt werden. Zwar werden die Banken davon nicht direkt partizipieren. Doch sobald die zu erwartenden Zweitrundeneffekte die Konjunktur ankurbeln, könnte sich die lang ersehnte Belebung der Kreditnachfrage einstellen.