Share Deals

Schlimme Kollateralschäden

„Missbräuchliche Steuergestaltung“ ist eine politische Zauberformel, mit der praktisch jedes gute Argument zunichte gemacht werden kann. Seit Jahren wird im Bundestag darüber debattiert, eine Steuerlücke bei Share Deals zu schließen – ohne ...

Schlimme Kollateralschäden

„Missbräuchliche Steuergestaltung“ ist eine politische Zauberformel, mit der praktisch jedes gute Argument zunichte gemacht werden kann. Seit Jahren wird im Bundestag darüber debattiert, eine Steuerlücke bei Share Deals zu schließen – ohne Ergebnis und das aus gutem Grund. SPD und Grüne nennen es missbräuchliche Steuergestaltung, wenn Investoren Immobilien nicht direkt kaufen, sondern indirekt Anteile an einer Gesellschaft mit Immobilien darin erwerben. Jahrelange Versuche, dies zu unterbinden, scheiterten am Widerstand der CDU/CSU im Bundestag. Sie wollte Kollateralschäden vermeiden. Denn diese Geschäfte sind nur teilweise bewusst konstruiert, damit Investoren über Share Deals Grunderwerbsteuer sparen. Die Steuer fällt nur bei Direktkäufen an, bisher wenn innerhalb von fünf Jahren 95% der Firmenanteile wechseln. Künftig sinken die kritischen Marken auf 90% und zehn Jahre. Die SPD hätte die Prozentschwelle am liebsten auf 75% gedrückt.

Kollateralschäden sind zu beklagen, wenn Steuer anfällt, ohne dass eine Umgehungsabsicht besteht. Die Umstrukturierung von Unternehmen wird teurer, wenn bei wirtschaftlich sinnvollen Anteilsverkäufen zusätzlich Grunderwerbsteuer anfällt. Schlimmer noch, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen werden aus steuerlichen Gründen verhindert. Beim Kauf von Anteilen an einem veritablen Immobilienunternehmen dürfte es a prima vista nicht um Steuerumgehung gehen. Besonders problematisch ist es bei börsennotierten Gesellschaften, bei denen der Anteilseignerwechsel der Normalfall ist. Wenn die kritischen Marken bei Anteilswechseln überschritten sind, fällt dort Grunderwerbsteuer auf alle Immobilien an, ohne dass überhaupt ein Grundstück den Eigentümer wechseln sollte.

Obwohl die Fronten stark verhärtet waren, geht nun auf einmal alles ganz schnell: Die Novelle wird am Mittwoch im Bundestag abschließend gelesen. Warum? Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) wollte die Bauern vor Investoren retten und übernahm öffentlich die SPD-Forderung. Denn über Share Deals wird auch die Notbremse ausgehebelt, mit der Gemeinden den Verkauf von Land an Ortsfremde stoppen können. Damit erschütterte Klöckner die Verteidigungslinie der Unions-Finanzpolitiker.

Für börsennotierte Unternehmen haben die Abgeordneten zwar eine Börsenklausel geschaffen, die diese Firmen von der Besteuerung ausnimmt. Sie gilt aber nur für Unternehmen in einem regulierten Markt. Unternehmen im Freiverkehr müssen sehen, wo sie bleiben. Gerade kleine Unternehmen, die an den Kapitalmarkt streben, haben das Nachsehen. Viel wahrscheinlicher ist: Sie nehmen diesen Weg nicht. Das Deutsche Aktieninstitut hat berechnet, dass bei Freiverkehrsfirmen im Durchschnitt alle 4,4 Jahre die Steuern für alle Immobilien anfallen. Im schlimmsten Fall sind es nur elf Monate. Steuerumgehung spielt hier nicht einmal ansatzweise eine Rolle. Gegen Steuermissbrauch wären intelligente Modelle gefragt, die gut gemacht und nicht nur gut gemeint sind.

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