LeitartikelRückversicherung

Swiss Re ist aktuell die bessere Wahl

Für Investoren ist die Swiss Re kurzfristig die bessere Wahl. Ob dies auch auf lange Frist der Fall ist, liegt in der Hand des neuen CEO Andreas Berger.

Swiss Re ist aktuell die bessere Wahl

Rückversicherer

Die bessere Wahl

Von Thomas List

Für Investoren ist die Swiss Re kurzfristig die bessere Wahl. Ob dies auch auf lange Frist der Fall ist, liegt in der Hand des neuen CEO.

Der Blick auf die jüngere Kursentwicklung ist eindeutig: Über drei Monate hat die Aktie der Swiss Re um 3% zugelegt, während die Wettbewerber Munich Re und Hannover Rück 5% bzw. 8% verloren haben. Über ein Jahr liegen die Schweizer sogar noch deutlicher vorn: +22% gegen +5,9% (Munich Re) und -3%. Es überrascht daher nicht, dass eine knappe Mehrheit der Analysten Swiss Re zum Kauf empfehlen. Dagegen ist eine deutliche Überzahl zur Munich Re-Aktie neutral eingestellt bzw. spricht sich für ein Halten der Aktie aus.

Tiefenbohrung zeigt ein anderes Bild

Allerdings zeigt eine tiefere Analyse ein deutlich anderes Bild der drei Rückversicherer. Langfristig zeigt sich der traditionelle Branchenführer aus München als am erfolgreichsten. Mit einem Kursgewinn von 213% lässt er die Konkurrenz von der Leine (+165%) und von der Limmat (+71%) deutlich hinter sich. Eine Zäsur bildet der Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020. Die Kurse rauschten bei allen Rückversicherern innerhalb weniger Tage aus Angst vor unkalkulierbaren Großschäden kräftig in die Tiefe, erholten sich dann jedoch auch wieder recht schnell. Diese Erholung fiel bei Swiss Re im Vergleich zu den beiden Konkurrenten allerdings viel schwächer aus. Und schon an der branchenweiten Kursrallye in den Jahren vor Corona hatten die Schweizern weniger partizipiert.

Bei der Suche nach den Ursachen dieser doch sehr unterschiedlichen Performance gilt es zu berücksichtigen, dass nur Swiss Re und Hannover Rück pure Player sind, also ausschließlich das Rückversicherungsgeschäft betreiben. Zur Munich Re gehören mit der Ergo diverse Erstversicherer, die indes nur einen kleinen Teil zum Konzerngewinn beitragen. Die Hannover Rück wiederum hat nur einen Free Float von nicht ganz 50%, da die Talanx AG 50% plus eine Aktie an dem Rückversicherer hält. Swiss Re hatte in Deutschland über viele Jahre eine größere Erstversicherungsgruppe (Vereinte/Magdeburger) aufgebaut, verkaufte diese dann aber 1995 an die Allianz. Bis 2020 folgten Lebensversicherer in den USA und Großbritannien.

Aufräumen immer wieder angesagt

Dies zeigt schon: Bei Swiss Re musste immer wieder aufgeräumt werden. Vieles wirkte sich zwar für die gesamte Branche aus, traf die Swiss Re aber stärker als die Konkurrenz. Strategie- und Managementwechsel waren die Folge. Zu den allgemeinen Problemen, die zu Gewinneinbrüchen oder gar Verlusten führten, gehörten zyklusbedingte Preisrückgänge sowie Katastrophenschäden durch Hurrikanes, Erdbeben, Überschwemmungen und zuletzt Waldbrände. Dies galt auch für Covid-19. Durch die Pandemie fielen Großveranstaltungen aus, Betriebe mussten temporär schließen und mehr pandemiebedingte Todesfälle belasteten das Lebens-Rückversicherungsgeschäft.

Dazu kamen bei der Swiss Re eine ganze Reihe hausgemachter Probleme. So mussten die Schweizer viel in ReAssure investieren, bevor sie den britischen Abwicklungsspezialisten für Lebensversicherungen 2020 verkaufen konnten. Die Industrieversicherung (Corporate Solutions) war jahrelang ein Sorgenkind mit hohen Verlusten aus dem US-Haftpflicht- und Naturkatastrophengeschäft. Erst 2021 gelang es Swiss Re, das Geschäft dauerhaft in die Gewinnzone zu führen. 2024 verursachte die mit großen Hoffnungen gestartete digitale Erstversicherungsplattform iptiQ einen Verlust von 325 Mill. Dollar. Die Reste des Geschäfts gingen für einen ungenannten Preis an die Allianz.

Viele Chefwechsel

Wie stark Swiss Re zu kämpfen hatte, zeigten auch die häufigen Führungswechsel. In den vergangenen 25 Jahren hatte sie insgesamt acht Vorstandschefs – Munich Re drei und bei Hannover Rück gerade einmal vier. Zuletzt war Christian Mumenthaler immerhin neun Jahre am Ruder. Angesichts mehrerer Verlustjahre, den erwähnten Baustellen und der im Vergleich zu den Peers schwächeren Aktienkursentwicklung zog er jedoch viel Kritik auf sich. Nun richtet sich die Hoffnung der Anleger auf den seit dem 1. Juli amtierenden Andreas Berger, der vor sechs Jahren von einer Allianz-Tochter Vorstand von Swiss Re kam. Er wird sich daran messen lassen müssen, ob er die guten Ergebnisse verstetigt.