KommentarHalbleiter

Sicherheit hat ihren Preis

Ein Material- und Rohstoffpuffer im Lager kostet Unternehmen Geld, kann aber Gold wert sein. Dass der Vorstand von Infineon einen Appell an seine Kunden richtet, liegt freilich auch im eigenen Interesse des Halbleiterherstellers.

Sicherheit hat ihren Preis

Halbleiter

Sicherheit
hat ihren Preis

Von Joachim Herr

Risiken abzuwägen, ist für erfolgreiches Managen mindestens so wichtig, wie Chancen zu erkennen. Der Fall Nexperia hat wieder einmal deutlich gemacht, wie anfällig Lieferketten für Störungen sind. Der niederländisch-chinesische Halbleiterhersteller ist zum Spielball der Handelskonflikte zwischen China, den USA und Europa geworden. Machtlos stehen Manager einer solchen Wirkung der Geopolitik gegenüber – ebenso den Folgen von Naturkatastrophen.

Entsteht dann ein Materialengpass, wird es für die Unternehmen hektisch und meistens sehr teuer. Oft lässt sich zudem nicht von einem Tag auf den anderen ein Ausgleich finden. Infineon zum Beispiel konnte nur sehr begrenzt für Lieferungen von Nexperia einspringen, da sich das Produktangebot kaum überschneidet.

Weckruf und Warnung

Einem Mangel an Rohstoffen und Komponenten vorzubeugen, ist meistens möglich, aber es kostet Geld. Dass der Vorstand von Infineon die Aufregung wegen Nexperia als Weckruf und Warnung an die Kunden weitergibt, ist freilich auch im eigenen Interesse des Chipkonzerns. Hätten die Kunden und Distributoren ihre Lagerbestände nicht so stark abgebaut, könnte Infineon mehr verkaufen. Immerhin geht das Unternehmen mit gutem Beispiel voran, die eigenen Vorräte reichen für 150 Tage – 30 Tage länger als üblich. Auch wenn diese Sicherheit Kapital von rund 1 Mrd. Euro bindet.

Besonders Autozulieferer sind derzeit aufgrund der Nachfrageflaute knapp bei Kasse. Doch ohne Puffer im Lager kann zu Liquiditätsnöten schnell ein Lieferproblem hinzukommen. Auch den Fahrzeugherstellern muss es mehr wert sein, diese Risiken zu minimieren, indem sie ihre Bestände ebenfalls nicht zu knapp halten.

Investoren machen Druck

Das steht zwar im Konflikt mit dem Bestreben, das Betriebskapital auf ein relativ niedriges Niveau zu senken oder dort zu halten. Seit die Zinsen gestiegen sind, hat diese Strategie noch an Bedeutung gewonnen. Im Fall von börsennotierten Unternehmen machen zusätzlich Investoren Druck, um das Ziel zu erreichen. Doch ohne Absicherung können die Folgen eines Materialmangels viel teurer werden.