Huawei

Neue Aufgaben für den Handykönig

Richard Yu hat großen Anteil am Erfolg im Smartphone-Markt. Nun erhält der Huawei-Manager neue Aufgaben in potenziellen Wachstumsfeldern.

Neue Aufgaben für den Handykönig

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Yu Chengdong (Richard Yu) ist ein Starmanager im Technologiesektor mit einem ungewöhnlichen Problem. Trotz unbestrittener Erfolge in seinen Kernaufgaben macht es wenig Sinn, diese weiterzuverfolgen, und es muss eine neue Herausforderung her. Der Chef der Konsumgerätesparte des chinesischen Telekomausrüsters und Smartphonebauers Huawei Technologies wird diese vom Handygeschäft dominierte Einheit zwar auch in Zukunft betreuen, doch ist mit ihr künftig kein Staat mehr zu machen, weil sie im epochalen Handels- und Technologiestreit zwischen China und den USA hoffnungslos zerrieben wird.

Wie aus einer internen Mitteilung von Huawei hervorgeht, soll Yu künftig zusätzlich zum Konsumelektronikgeschäft die Verantwortung für zwei Bereiche übernehmen, in denen der von US-Sanktionen gepeinigte Technologieriese neue Wachstumsfelder verortet, ohne von amerikanischen Technologie-Zulieferungssperren ausgebremst zu werden. Das sind die neuen potenziellen Huawei-Boomsparten Cloud-Computing-Dienste und Big-Data-Anwendungen sowie künstliche Intelligenz (KI). Der 51-jährige Yu dürfte die zusätzlichen neuen Aufgaben mit sofortiger Wirkung angehen. Eine offizielle Mitteilung seitens Huawei soll dem Vernehmen nach aber erst am 7. Februar veröffentlicht werden. Im Zuge des jetzt durchgesickerten Revirements muss der bisherige Chef der Bereiche Cloud und KI, Hou Jinlong, seinen Posten räumen. Er soll dem Konzern erhalten bleiben und darf die Verantwortung für Digital Power Services übernehmen, eine Einheit, die zur Carrier Business Group, also dem Netzwerkgeschäft mit Telekomunternehmen, gehört. Wie Analysten des Branchen-Researchhauses IDC betonen, können Cloud-Dienste und KI-Anwendungen im heimischen chinesischen Markt als Schlüssel-Wachstumsfelder für chinesische Techfirmen angesehen werden. Entsprechend wichtig dürfte es für Huawei sein, ihre unbestrittenen Fähigkeiten an der Forschungs- und Entwicklungsfront und entsprechenden Investitionsmitteln auf diese Zukunftsfelder zu fokussieren. Im Smartphonegeschäft indes gibt es für Huawei nicht mehr viel zu holen.

Todesstoß

Die immer weiter verstärkten Anfeindungen durch die US-Regierung galten zwar zunächst nur dem von Washington als globales Sicherheitsrisiko verorteten Netzwerkausrüstungsgeschäft, doch ist eine von den USA verhängte Zulieferungssperre für Technologiekomponenten und Softwarenutzung letztlich vor allem im Smartphonegeschäft aufgeschlagen. Zunächst musste Huawei nur mit Restriktionen bei der Verwendung des Betriebssystems Android und Nutzung von Google-Diensten leben. Dies hat Huaweis Smartphoneabsatz im zuvor wachstumsträchtigen europäischen Markt stark behindert, schadete aber kaum im Heimatmarkt, wo Google-Dienste ohnehin seit längerem gesperrt sind.

Mit der zweiten großen Runde von US-Sanktionen aber wurde Huawei nicht nur vom Bezug von Handy-Chips von US-Herstellern wie Qualcomm ausgesperrt, sondern auch daran gehindert, ihre inhouse entwickelten hochleistungsfähigen Smartphone-Chips der Kirin-Serie beim weltbesten Chipauftragsfertiger TSMC aus Taiwan fertigen zu lassen. Dies hat sich als Todesstoß erwiesen, denn in Ermangelung von „State-of-the-Art-Mikrochips“ kann Huawei im Prinzip keine Nachfolgemodelle für seine Top-Handyserien „P“ und „Mate“ mehr entwickeln und produzieren. Für Yu ist dies zweifellos eine schmerzliche Erfahrung. Nachdem es Huawei Mitte 2020 tatsächlich gelungen war, die koreanische Samsung nach Verkaufszahlen als weltgrößten Handybauer abzulösen, musste er hilflos zusehen, wie der im September vollends wirksam gewordene Mikrochip-Bann das Huawei-Geschäft rasch abbröckeln ließ. Die frisch eingelaufenen Absatzdaten für das Schlussquartal bestätigen den erbarmungslosen Abstieg. Huaweis Smartphoneabsatz wurde nicht nur im Auslandsgeschäft, sondern auch im heimischen Markt um mehr als 40 % zurückgedrängt, und der Aderlass ist nicht mehr zu stoppen.

Huawei hat reagiert und ihr Budget-Smartphonegeschäft unter der Nebenmarke Honor an ein Konsortium von chinesischen Handyvertriebspartnern verkauft. Dies erlaubt Honor ein Fortbestehen, weil mit der Herauslösung aus Huawei eine sofortige Wiederaufnahme der Chipbelieferung möglich ist. Sollte es nicht zu einem raschen Revirement der US-Sanktionspolitik gegenüber Huawei kommen, dürfte auch Yus Lieblingskindern, nämlich den von Experten als herausragend bewerteten Edel-Smartphones P40 und Mate 40, ein ähnliches Trennungsschicksal bevorstehen. Dennoch ist es sicherlich ein Trost, dass sich trotz dieser Widrigkeiten damit die Wege von Huawei und ihrem Starmanager Yu noch lange nicht trennen müssen.