Mehr Transparenz

Neue Offenlegungsverordnung zu Nachhaltigkeit greift ab 10. März

Ab dem 10. März 2021 wird es ernst: Die Offenlegungsverordnung, die für mehr Transparenz hinsichtlich des Um­gangs von Finanzmarktteilnehmern mit Nachhaltigkeitsaspekten sorgen soll, ist anzuwenden.

Neue Offenlegungsverordnung zu Nachhaltigkeit greift ab 10. März

Von Oliver Glück und Lisa Watermann *)

Ab dem 10. März 2021 wird es ernst: Die Offenlegungsverordnung (oder auch „SFDR“ – Sustainable Finance Disclosure Regulation), die für mehr Transparenz hinsichtlich des Um­gangs von Finanzmarktteilnehmern mit Nachhaltigkeitsaspekten sorgen soll, ist anzuwenden. Der Begriff der Nachhaltigkeit in Bezug auf Finanzprodukte kann nun – vor allem unter Marketinggesichtspunkten – nicht mehr nach Belieben verwendet werden, sondern ist dem strengen Korsett einer europäischen Verordnung unterworfen, deren Auslegung und Anwendung auch erprobte Juristen vor Herausforderungen stellt.

Praktische Umsetzung

Was beinhalten die Transparenzvorgaben der SFDR konkret für Finanzmarktteilnehmer? Und wie ist konkret mit den vielen ungeklärten Rechtsfragen umzugehen, die sich (nicht nur) daraus ergeben, dass die die SFDR konkretisierenden sogenannten Level-2-Maßnahmen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten werden?

Um eines vorwegzunehmen: Die SFDR ist – mit Ausnahme weniger Vorschriften – ab dem 10. März des laufenden Jahres als unmittelbar geltendes Recht durch Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater umzusetzen. Die Erfüllung der nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungsvorschriften ist ab diesem Zeitpunkt Gegenstand der Prüfungen der internen Revision, der Compliance-Funktion und des Wirtschaftsprüfers und nicht zuletzt auch der BaFin als zu­ständiger Aufsichtsbehörde. Daran ändert die Vielzahl ungeklärter Auslegungsfragen zunächst (leider) nichts.

Für die betroffenen Unternehmen bedeutet dies, dass unter Berücksichtigung des bestehenden Auslegungsspielraums entsprechende Transparenzvorgaben zum 10. März 2021 umzusetzen sind. Das Ergebnis dessen wird unter Berücksichtigung der voraussichtlich ab dem 1. Januar 2022 verpflichtend anzuwendenden Level-2-Maßnahmen sowie einer sich aktuell herausbildenden Verwaltungspraxis aller zuständigen Aufsichtsbehörden fortlaufend angepasst werden müssen.

Nachhaltigkeitsrisiken

Die SFDR schreibt Transparenz zu folgenden Aspekten der Nachhaltigkeit vor: Zum einen müssen sich Finanzmarktteilnehmer dazu äußern, wie sie im Rahmen von Investitionsprozessen mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen und vor allem ob etwaig identifizierte Nachhaltigkeitsrisiken sich auf die Rendite eines Finanzproduktes auswirken. Es geht um die Darstellung des Umgangs mit Nachhaltigkeitsrisiken, nicht hingegen um etwaig positive Auswirkungen nachhaltigen Wirtschaftens für ESG-Kriterien, d.h. Umwelt, Soziales oder gute Unternehmensführung. Wer das BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken aus dem Jahr 2019 umgesetzt hat, dürfte insofern bereits recht gut aufgestellt sein.

Daneben müssen sich Finanzmarktteilnehmer zukünftig – so­wohl auf Unternehmens- als auch auf Produktebene – dazu äußern, ob und – wenn ja – wie sie Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, d.h. Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung messen und ausweisen.

Hierbei geht es nicht primär um Risikosteuerung. Der (potenzielle) Investor erhält vielmehr auf den ersten Blick Informationen dazu, wie viel Nachhaltigkeit in einem „nachhaltigen“ Unternehmen und der von diesem emittierten „nachhaltigen“ Finanzprodukte wirklich steckt.

Für Finanzprodukte, d.h. beispielsweise Investmentvermögen oder der Finanzportfolioverwaltung unterliegenden Portefeuilles, kommt ab 10. März 2021 mit Blick auf den Grad der Nachhaltigkeit eine vollkommen neue Systematik zum Tragen. Zukünftig wird unterschieden werden nach sogenannten „Impact-Produkten“, die im Rahmen ihrer Investitionstätigkeiten positive Auswirkungen auf ESG-Faktoren anstreben, und „ESG-Strategieprodukten“, die im Rahmen ihrer Anlagestrategie ESG-Kriterien berücksichtigen. Außerhalb dieser beiden Produktkategorien wird es zukünftig nicht mehr zulässig sein, ein Finanzprodukt als nachhaltig zu bewerben.

Die Transparenzvorgaben der SFDR sind auf Unternehmensebene im Rahmen der Webseitendarstellung und auf Produktebene innerhalb der Jahresberichterstattung und in den vorvertraglichen Informationen des jeweiligen Finanzprodukts umzusetzen.

Mehr als ein Marketingtrend

Die SFDR sieht nicht vor, dass Finanzmarktteilnehmer auf Unternehmensebene besonders nachhaltig agieren oder die ihrerseits aufgelegten Finanzprodukte notwendigerweise ESG-Strategien verfolgen müssen. Die SFDR schreibt lediglich vor, dass Finanzmarktteilnehmer in dieser Hinsicht für mehr Transparenz sorgen müssen. Dies alleine führt aber bereits dazu, dass sich Marktteilnehmer intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen und feststellen müssen, dass Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein Trend für Marketingexperten, sondern Kernbestandteil einer aufsichtskonformen Organisation ist.

*) Dr. Oliver Glück ist Partner, Lisa Watermann Counsel bei GSK Stockmann in München.