Auf hoher See und vor Gericht
Auf hoher See und vor Gericht
sar Frankfurt
Wer in Kiel aufwächst, kommt an der Schifffahrt nicht vorbei. Auch Christian Finnern sammelte Erfahrungen zur See, bevor er Jurist wurde. Nach dem Abitur ging der heutige Deutschlandchef der Kanzlei Watson Farley & Williams zur Marine. Dort lernte er in der Grundausbildung zu exerzieren, faltete seine Hemden auf A4-Format und schleppte beim Oder-Hochwasser 1997 Sandsäcke, um die Bevölkerung Brandenburgs vor den Fluten zu schützen. Später fuhr er von Flensburg aus mit Schnellboten auf Nord- und Ostsee, „die skandinavischen Küsten rauf und runter“, erinnert sich der 48-Jährige.
Dass er sich auch juristisch mit der Schifffahrt beschäftigt hat, war jedoch eher Zufall, sagt er. Denn zum Studium hatte es ihn ins Binnenland verschlagen, nach Marburg und Münster. Aus privaten Gründen ging Finnern zum Referendariat zurück nach Norddeutschland – und in eine Kanzlei, die auf Schifffahrts- und Versicherungsrecht spezialisiert war. „Ich hätte mir auch Immobilienrecht in Frankfurt vorstellen können, das fand ich auch spannend“, erinnert er sich. „Wer allerdings mal ein Grundbuch und ein Schiffsregister gesehen hat merkt: Die Asset-Klassen sind sich gar nicht so unähnlich.“
Kanzlei mit klarem Branchenfokus
Die Faszination für Schifffahrtsrecht hat ihn schnell gepackt: „Kein Thema in der Schifffahrt lässt sich rein lokal lösen, die Mandate sind immer international. Das fand ich von Anfang an spannend.“ 2010 wechselte er deshalb zu Watson Farley & Williams. Die 1982 von Norton Rose Fulbright ausgegründete Kanzlei, die gerade ihre 20-jährige Präsenz im deutschen Markt feiert, hat ihren Ursprung im maritimen Wirtschaftsrecht. Das erste Deutschlandbüro eröffnete deshalb nicht in Frankfurt oder München, sondern in Hamburg. Ausgehend vom Bereich Schifffahrt hat sich das Angebot mittlerweile zwar ausdifferenziert, bleibt aber immer noch auf bestimmte Sektoren fokussiert.
„Wir konzentrieren uns auf die Branchen Transport, Energie und Infrastruktur“, erklärt Finnern. In diesen Bereichen wolle man „Komplettanbieter“ sein, von M&A-Fragen über Finanzierungen bis hin zu Arbeitsrecht, Steuerthemen, Regulierung und Streitbeilegung.
Die Branchenkrise ab 2010 hat mich als jungen Anwalt geprägt.
Christian Finnern, Watson Farley & Williams
Heute erzielt die Kanzlei in Deutschland mit 28 Partnern in Hamburg, München, Frankfurt und Düsseldorf etwa 40 Mill. Euro Jahresumsatz. Bei den Tätigkeiten in den Sektoren entfällt etwa die Hälfte des Geschäfts hierzulande auf Mandate in der Energiebranche, Infrastruktur und Transport liefern je ein Viertel. Die Schifffahrtsbranche hat Finnern in seiner Karriere schon viele interessante Einsätze beschert: „Die Branchenkrise ab 2010 hat mich als jungen Anwalt geprägt“, sagt er. Restrukturierungen häuften sich, Banken mussten Kredite abschreiben, manche zogen sich komplett aus der Schiffsfinanzierung zurück. Manches Schiffsfinanzierungsportfolio landete mit Abschlägen bei Distressed-Investoren.
Kompromisse sind gefragt
„Das war kein einfaches Brot-und-Butter-Geschäft in dieser Marktphase, da waren kreative Lösungen gefragt“, erinnert sich Finnern. „Von Bad-Bank-Gründungen über Darlehensverkäufe bis zu Bieterprozessen war alles dabei.“
In kritischen Phasen profitiert Finnern noch heute von manchen Erlebnissen aus seiner Marine-Zeit: „Wenn man zur See fährt, treffen unterschiedliche Persönlichkeiten auf engem Raum zusammen“, sagt Finnern. Er habe gelernt, unterschiedliche Meinungen auszubalancieren und Kompromisse zu finden. „Das sind Fähigkeiten, die man auch als Jurist regelmäßig anwenden kann.“