Autodesign-Papst Gerry McGovern muss gehen
Autodesign-Papst Gerry McGovern muss gehen
Aus für Autodesign-Papst Gerry McGovern
hip London
Gerry McGovern (69) gehört zu den wichtigsten Designern der britischen Autobranche. Kürzlich begleiteten ihn Medienberichten zufolge Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts von Jaguar Land Rover aus dem Büro. Seitdem wird darüber gerätselt, warum sich der Fahrzeugbauer ausgerechnet jetzt vom Schöpfer des weithin verspotteten Modells 00 trennt. Im kommenden Jahr soll der Prototyp kommen.
Die Jaguar-Konzeptstudie in „Miami Pink“ und die „Copy Nothing“-Kampagne, die der Marke ein neues Image geben sollte, fanden die Aufmerksamkeit von US-Präsident Donald Trump und Tesla-Chef Elon Musk. Für Trump waren sie ein Ausdruck von „Wokeness“.
„Barbie-Jaguar“
Der Konkurrent Musk fragte, ob Jaguar Land Rover noch Autos verkaufe, denn im Werbespot der Kampagne war kein einziges Fahrzeug zu sehen. Die „Daily Mail“ verglich das Modell 00 mit dem rosaroten Rolls-Royce von Lady Penelope in der Puppenserie „Thunderbirds“. Auch als „Barbie-Jaguar“ wurde es verspottet.
Dabei wollte McGovern mit der Konzeptstudie zum ersten komplett batteriebetriebenen Jaguar-Luxusschlitten einfach nur etwas Neues schaffen. Denn Jaguars bestehendes Image war, ähnlich wie das von Aston Martin, bereits etwas angestaubt. Als Fahrzeug für ältere Herren in Tweed-Jackets wollte er die Marke nicht verblassen lassen. Dafür verzichtete er auch auf den Jaguar als Kühlerfigur, der für viele eine Ikone britischer Autokultur darstellt.
„Furchtlose Kreativität“
„Jaguar hat nicht den Wunsch, von allen geliebt zu werden“, sagte McGovern bei der Vorstellung des Modells in Miami. Die Marke habe immer Emotionen geweckt und werde das auch weiterhin tun. Britische Kreativität habe immer dann für Kontroversen gesorgt, wenn sie am besten gewesen sei. Doch bei der indischen Mutter Tata kam seine „furchtlose Kreativität“ offenbar nicht gut an.
Denn nur zwei Wochen nach Ankunft von P.B. Ballaji, der bei Jaguar Land Rover die Zügel von Adrian Mardell übernahm, musste McGovern gehen. Es ist das erste Mal seit der Übernahme durch das indische Konglomerat im Jahr 2008, dass die Mutter den CEO stellt. Ballaji war seit November 2017 Finanzchef von Tata Motors.
Interne Kritik am Führungsstil
McGovern galt als Favorit des verstorbenen Patriarchen Rajan Tata, der ihm den Rücken gestärkt haben soll. Nach Tatas Tod wurde er anfälliger für interne Kritik. Das Rebranding war nicht unumstritten. Wie „Autocar India“ berichtet, hatten 25 bis 30 Mitglieder des Design-Teams einen Brief an McGovern unterzeichnet, in dem sie seine Herangehensweise kritisierten.
Die Entscheidung, das Projekt „Panthera“ an Accenture Interactive auszulagern, habe den Geist der Zusammenarbeit und die kreative Integrität untergraben. Die Beratungsgesellschaft hatte zuvor die interne Kreativagentur Spark44 von Jaguar Land Rover übernommen.
Reichlich Branchenerfahrung
Seine Karriere hatte bei Chrysler UK begonnen. Danach arbeitete McGovern für British Leyland, wo er das Design-Team für die dritte „Land Rover“-Generation leitete. McGovern wechselte 1999 zu Ford, wo er am Lincoln-Mercury-Design feilte. Im April 2004 kehrte er zu Land Rover zurück. Nach dem Zusammenschluss mit Jaguar stieg er ins Executive Committee auf. Zu seinen Schöpfungen gehört unter anderem der Range Rover Sport und der New Defender.
Es war ein katastrophales Jahr für Jaguar Land Rover. Wie bedeutend der Autohersteller für die britische Wirtschaft noch ist, zeigte der verheerender Cyberangriff, der die Produktion ab Ende August lahmlegte. Das war ein wesentlicher Faktor dafür, dass das britische Bruttoinlandsprodukt im September die Nulllinie unterschritt. Erst im Oktober rollte die Produktion wieder an.
Absatz knickt ein
Wie das Unternehmen mitteilte, ging der Absatz im zweiten Geschäftsquartal stark zurück. An den Handel wurden 24,2% weniger Fahrzeuge ausgeliefert als ein Jahr zuvor. An Endkunden wurden 17,1% weniger verkauft. Der britische Heimatmarkt sei besonders betroffen gewesen. Dort lähmte nicht nur die Cyberattacke. Zudem liefen ältere Jaguar-Modelle aus.
„Es war ein schwieriges Quartal für Jaguar Land Rover“, ließ sich der mittlerweile ausgeschiedene Mardell zitieren. In den ersten beiden Monaten sei die Performance trotz der Abwicklung älterer Modelle und der US-Zollpolitik „robust“ gewesen. Dann legten die Cyberkriminellen die Produktion lahm.
