Earlybird-Mitgründer verschenken ihre Firma
Earlybird-Mitgründer verschenken ihre Firma
mic München
Die Nachfolge im Mittelstand ist ein sehr wichtiges Thema in vielen Unternehmen. Für die Earlybird-Mitgründer Hendrik Brandis und Christian Nagel gilt dies ebenfalls – auch wenn sie einen Frühphaseninvestor leiten. Das Duo hat sich nun für eine unübliche Lösung entschieden: Es „verschenkt“ die 1997 gegründete Firma.
„Wenn wir heute auf neue Investoren zugehen, sagen die schon mal: Ihr Beide seid über 60 Jahre alt. Es wäre schon schön zu wissen, wie es weitergeht“, berichtet Brandis (61). Man habe sich gegen einen Verkauf entschieden und stattdessen ein Modell gewählt, bei dem Earlybird als Firma immer nur den aktiven Partnern gehöre. So ist auch McKinsey strukturiert.
Partner werden Eigentümer
Earlybird werde quasi für einen Euro an die nächste Generation übergeben, so Brandis. Auch die nachfolgenden Partner könnten die Firma nicht verkaufen – sie aber nutzen. Denn man könne nur die allerbesten zukünftigen Partner adressieren, wenn diese nicht Angestellte, sondern Eigentümer würden. Andererseits sei Earlybird so wertvoll, dass sehr gute junge Talente sich nicht einkaufen könnten.
Earlybird ist eine etablierte Größe im europäischen Venture-Capital-Markt. Man investiere aktuell jährlich in ein Dutzend neue Firmen, sagt Brandis. Hinzu kämen rund 40 bis 60 Anschlussfinanzierungen. Namen wie N26, Isar Aerospace und Marvel Fusion gehören zum Portfolio.
Glücklich zur Weihnachtsfeier
Die Zahl der Beschäftigten von Earlybird ist in den vergangenen Jahren von 80 auf 50 gesunken. Die Unternehmensstruktur sei im Laufe der Jahre einfach zu kompliziert geworden, berichtet Brandis. Die darauffolgende Integration hätten nicht alle Beschäftigten mitmachen wollen, sodass es zwei Abspaltungen gebe. Die entscheidenden Partner und die Investment-Teams in München, Berlin und London seien aber bei Earlybird geblieben.
In Deutschland läuft der Earlybird-Standort München dem Startup-Mekka Berlin den Rang ab. „Unser Münchner Investmentbüro ist mittlerweile deutlich größer als das in Berlin“, berichtet Brandis. Earlybird ist nun prominent am Promenadeplatz in der Innenstadt zu finden. Hintergrund sei eine Verschiebung aus den Sektoren der Konsumententechnologie zu Deep Tech und Unternehmenstechnologie, die in Bayern eher präsent sind.
Und die Folgen der Nachfolge-Entscheidung für die beiden Mitgründer? Sein Leben werde nicht dadurch glücklicher, dass sein Kontostand zulege, hat Brandis festgestellt: „Ich bin glücklicher, wenn der Name Earlybird über unsere aktive Zeit hinweg erhalten bleibt und ich dann irgendwann mit 85 Jahren zur Weihnachtsfeier einer weiter gewachsenen Earlybird-Plattform eingeladen werde. Dann kann ich erzählen, wie alles losgegangen ist, selbst wenn mir zu dem Zeitpunkt nichts mehr gehört.“