Keir Starmer zieht die Reißleine

Peter Mandelson als Botschafter abberufen

Peter Mandelson ist als britischer Botschafter in Washington unhaltbar geworden. Denn der ehemalige EU-Handelskommissar hatte ein engeres Verhältnis zu Jeffrey Epstein als bisher bekannt.

Peter Mandelson als Botschafter abberufen

Wenn einem der britische Premierminister Keir Starmer sein volles Vertrauen ausspricht, ist die Lage ernst. Der ehemalige EU-Handelskommissar Peter Benjamin Mandelson (72) wurde von ihm weniger als 24 Stunden später gefeuert. Die Labour-Regierung hatte ihn als britischen Botschafter in die USA entsandt. Dort bereitete er gerade den Staatsbesuch von US-Präsident Donald Trump im Vereinigten Königreich vor, der für die kommende Woche angesetzt ist.

Jeffrey Epsteins „bester Kumpel“: Peter Mandelsons Karriere endet kläglich

von Andreas Hippin, London

Dem einst als „Prinz der Finsternis“ bekannten Sprecher von Tony Blair wurde sein Verhältnis zum verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zum Verhängnis. In einer Art Poesiealbum zum 50. Geburtstag Epsteins, das ein Ausschuss des US-Kongresses freigab, bezeichnete ihn Mandelson als seinen „besten Kumpel“. Starmer bestand dennoch darauf, dass er eine wichtige Rolle für die britisch-amerikanischen Beziehungen spiele. Doch dann kamen neue Emails ans Licht.

„Die Emails zeigen, dass sich Tiefe und Ausmaß der Beziehung von Peter Mandelson und Jeffrey Epstein wesentlich von dem unterscheiden, was zum Zeitpunkt seiner Ernennung bekannt war“, verlautbarte das britische Außenministerium. „Vor allem Peter Mandelsons Rat, dass Epsteins erste Verurteilung unrechtmäßig gewesen sei und angefochten werden müsse, war eine neue Information. Im Lichte dessen und mit Blick auf die Opfer von Epsteins Verbrechen wurde er mit unmittelbarer Wirkung abberufen.“

Zahllose Verschwörungstheorien

Es ist das klägliche Ende einer großen Karriere. Um Epstein ranken sich zahllose Verschwörungstheorien. Zu den Dingen, mit denen sich eine unabhängige Untersuchung beschäftigen könnte, gehört, dass Epstein angeblich dem ehemaligen Barclays-Chef Jes Staley anbot, Kontakte zu britischen Regierungsmitgliedern herzustellen, als dieser noch für J.P. Morgan arbeitete. Er soll für ihn eine Zusammenkunft mit dem damaligen Schatzkanzler Alastair Darling (Labour) und Mandelson, der damals Wirtschaftsminister war, in Davos arrangiert haben.

Führender Kopf von New Labour

Und dann war da noch der Verkauf des Rohstoffhandelsgeschäfts RBS Sempra Commodities – eine der Brüsseler Auflagen für den Bailout der Royal Bank of Scotland durch die britischen Steuerzahler. Der inzwischen mit Berufsverbot belegte Staley soll daran interessiert gewesen sein. J.P. Morgan, die sich von ihm distanzierte, kaufte später den Großteil davon für 1,6 Mrd. Dollar.

Mandelson war einer der führenden Köpfe von „New Labour“. Wie viele Funktionäre der Partei entstammt er nicht der Arbeiterklasse. Sein Großvater, Herbert Morrison, war einst Stellvertreter von Clement Attlee, dem Labour-Premier der Nachkriegsjahre. Der damalige Parteichef Neil Kinnock machte Mandelson 1985 zum Kommunikationschef.

Der Oxford-Absolvent verbrachte seine Kindheit wohlbehütet in Hampstead Garden. Doch Mandelson war einer der ersten politischen Strippenzieher, die als „Spin Doctor“ bezeichnet wurden. 1992 zog er für den Wahlkreis Hartlepool ins Unterhaus ein. Fünf Jahre später kam New Labour an die Macht. Blair schickte ihn 2004 nach Brüssel, um das Amt des EU-Handelskommissars zu übernehmen. Dem folgten diverse Kabinettsposten unter Blair und seinem glücklosen Nachfolger Gordon Brown. Sein Aufstieg ins Oberhaus war geradezu unausweichlich.

Wohlbehütete Kindheit

Nach dem Brexit-Referendum kam ab Oktober 2016 bei Blair ein wesentlicher Teil derjenigen zusammen, die sich mit dem Ergebnis der Volksabstimmung nicht abfinden wollten. Unter ihnen befanden sich neben Mandelson auch David Camerons einstige Nummer 2, Nick Clegg. Doch ihre Bemühungen, den EU-Austritt rückgängig zu machen, fruchteten nicht.

Mandelson gilt als Vertrauter von Starmers Chefstrategen Morgan McSweeney. Bevor er das Amt des Botschafters übernahm, fungierte er als Präsident der Polit-Beratung Global Counsel.

Präsident von Global Counsel

Von Andreas Hippin, London