EU-Kommissionsvize

Mr. Green Deal: „Fransrapid“ Timmermans wird 60

Ein Jahr war der Niederländer Frans Timmermans in der Öffentlichkeit kaum zu sehen. In Brüssel standen in der Pandemie andere Protagonisten im Fokus. Und das Thema Klimaschutz war wenig gefragt. Pünktlich zu seinem 60. Geburtstag meldet sich der Stellvertreter von Ursula von der Leyen aber zurück.

Mr. Green Deal: „Fransrapid“ Timmermans wird 60

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Nach der Europawahl 2019 war auch Frans Timmermans kurz einer der Hauptdarsteller im großen EU-Personalpoker­. Doch der damalige Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten konnte sich mit seiner Bewerbung um das Präsidentenamt in der EU-Kommission nicht durchsetzen – nicht nur, weil die Christdemokraten um ihren Spitzenmann Manfred Weber (CSU) nicht zu Zugeständnissen bereit waren, sondern auch, weil der Niederländer von mehreren osteuropäischen Staaten vehement abgelehnt wurde. Timmermans hatte sich zuvor in der Kommission von Jean-Claude Juncker federführend um die Rechtsstaatsstreitereien mit Polen und Ungarn gekümmert. Dies hatte ihm nicht nur Freunde unter den Mitgliedstaaten gebracht.

Das Ende der Geschichte ist bekannt: Keiner der zur Wahl angetretenen Spitzenkandidaten konnte sich durchsetzen. Ursula von der Leyen wurde überraschend Kommissionspräsidentin. Und Timmermans musste sich einmal mehr mit dem Stellvertreterposten begnügen. Heute ist der vierfache Vater einer von drei „Exekutiven Vizepräsidenten“ der Brüsseler Behörde und ist verantwortlich für den Europäischen Green Deal. Eigentlich ist der Klimaschutz das große Zukunftsthema, in dem sich Timmermans profilieren könnte. Sein Problem ist nur: Immer, wenn es beim Thema Green Deal irgendetwas öffentlichkeitswirksam zu verkünden gilt, übernimmt von der Leyen persönlich. Und als sich die EU-Kommission­ gerade einmal richtig aufgestellt hatte, um loszulegen, da brach die Pandemie aus. Frans Timmermans wurde mit seinem Thema erst einmal böse ausgebremst und konnte auch nichts wirklich zum Kampf gegen die Coronakrise beitragen. Vom „Fransrapid“ – den Spitznamen hatte ihm einst seine Schlagfertigkeit eingebracht – war fast ein Jahr in Brüssel nicht mehr viel zu sehen. Erst zur Einigung auf das Klimagesetz vor zwei Wochen tauchte Timmermans mal wieder etwas größer in der Öffentlichkeit auf.

Timmermans hat französische Literatur- und Sprachwissenschaft, Europarecht und Politikwissenschaften studiert. Neben seinen beiden Muttersprachen Niederländisch und Limburgisch spricht er auch fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Italienisch und hat in seiner Heimat bereits eine diplomatische Karriere hinter sich: Von 2007 bis 2010 war er Staatssekretär für europäische Angelegenheiten und von November 2012 bis Oktober 2014 dann Außenminister der Niederlande gewesen.

Dass die EU bei vielen Menschen – nicht nur in seiner Heimat – ein problematisches Image hat, führt im Hause Timmermans schon mal zu Running Gags, wie er selbst einmal auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erzählt hat: „Wann immer jemand ein Wasserglas umkippt, wenn ein Rad einen Platten hat oder es zu regnen anfängt, wenn wir mit den Hunden spazieren gehen, sagt einer von uns: Daran ist Brüssel schuld.“ Auch seine Kinder beteiligten sich an den Scherzen und begrüßten ihn schon mal mit einem „Guten Morgen, Du gesichtsloser ungewählter Bürokrat“. Frans Timmermans hat den freundlichen Sarkasmus aus der eigenen Familie bisher gut weggesteckt. Und vor allem: Er hat es ja immer noch selbst mit in der Hand, dass sich daran etwas ändert. Am heutigen Donnerstag feiert er aber erst einmal seinen 60. Geburtstag.