Medienbranche

ProSiebenSat.1 setzt Zeichen gegen Mediaset

Der Vertrag von Vorstandssprecher Rainer Beaujean wird um fünf Jahre verlängert. Zudem wird er Vorsitzender. Der italienische Großaktionär Mediaset hat angeblich andere Pläne.

ProSiebenSat.1 setzt Zeichen gegen Mediaset

Von Joachim Herr, München

ProSiebenSat.1 hat Fakten geschaffen und setzt so ein klares Signal in Richtung Mediaset. Der Aufsichtsrat verlängerte den Vertrag von Unternehmenschef Rainer Beaujean (53) um fünf Jahre bis Juni 2027. Zudem wird der bisherige Vorstandssprecher zum Vorsitzenden ernannt und seine Position damit formal aufgewertet.

Der italienische Großaktionär, der sich in MFE (Media for Europe) umbenannt hat und mit 19,1% direkt an ProSiebenSat.1 beteiligt ist, hatte Anfang November die Absicht lanciert, den Vertrag von Beaujean nicht verlängern und drei „unabhängige Experten“ in den Aufsichtsrat entsenden zu wollen.

Option eines Gegenantrags

Bisher ist Mediaset dort nicht präsent. Der Fokus liege darauf, die am besten geeigneten Kandidaten für die Strategie von ProSiebenSat.1 zu haben, hieß es nun von Media for Europe. Das Unternehmen hat die Möglichkeit, bis zur Hauptversammlung einen Gegenantrag mit eigenen Vorschlägen für den Aufsichtsrat einzureichen. Das Aktionärstreffen ist für den 5. Mai 2022 geplant.

An der Spitze des Aufsichtsrats von ProSiebenSat.1 soll dann ein Wechsel stattfinden. Werner Brandt (67), der frühere Finanzvorstand des Softwarekonzerns SAP, gibt nach acht Jahren und zwei Wahlperioden die Aufgabe ab. Sein Nachfolger soll der ehemalige Axel-Springer-Vorstand Andreas Wiele (59) werden.

Wiele werde dem Aufsichtsrat vom 13. Februar 2022 an als vom Gericht bestelltes Mitglied angehören, kündigte das Unternehmen mit Sitz in Unterföhring bei München an. Er übernimmt das Mandat vom 49 Jahre alten Adam Cahan, der sich auf seine neue Aufgabe als Chief Executive Officer des Technologieunternehmens Pax Labs in Kalifornien konzentriert.

Neu zur Wahl in den Aufsichtsrat steht im Mai zudem Bert Habets (50), der Chef des griechischen Medienkonzerns Antenna. Der frühere Chief Executive Officer der RTL-Gruppe hatte den Konkurrenten von ProSiebenSat.1 im April 2019 kurzfristig verlassen. Offiziell wurden familiäre Gründe genannt, doch in der Medienbranche ist von Differenzen zwischen dem Niederländer und Thomas Rabe zu hören, dem Chef von Bertelsmann und seit Habets Abgang auch von RTL.

Neuer CFO

Im Vorstand von ProSiebenSat.1 rückt Finanzfachmann Ralf Gierig (56) zum CFO auf. Beaujean, der im Juli des vorvergangenen Jahres als Finanzvorstand ins Unternehmen gekommen war, erfüllt diese Aufgabe in Personalunion noch bis Ende des laufenden Jahres. Gierig startete seine Laufbahn im Unternehmen schon 1996 bei ProSieben, vier Jahre vor der Fusion mit Sat.1. Seit fünf Jahren ist er stellvertretender Finanzvorstand und hatte wegen Vakanzen die Aufgabe als CFO schon 2017 und 2019 für einige Zeit übernommen.

Gierig erhält einen Dreijahresvertrag. Dieser Zeitraum ist üblich für die Vorstände von ProSiebenSat.1. Dass Beaujeans Vertrag um fünf Jahre verlängert wird, unterstreicht die Bedeutung dieser Entscheidung und ist sowohl als Bestätigung seiner Strategie als auch als Signal nach Italien zu werten.

In den Aufsichtsrat bringen Wiele und Habets Erfahrungen in der Medien- und speziell Fernsehbranche mit. Der promovierte Jurist Wiele war vom Jahr 2000 an bis Frühjahr vorigen Jahres im Vorstand von Axel Springer. Dort war er unter anderem für die Ressorts Internationales, Zeitschriften und elektronische Medien sowie die Gruppe der „Bild“-Zeitung verantwortlich. Seit seinem Ausscheiden ist er als Unternehmensgründer und Investor tätig, bis Oktober dieses Jahres hatte er zudem den Springer-Großaktionär KKR beraten. KKR war auch an ProSiebenSat.1 beteiligt. Aufsichtsratschef Brandt lobt seinen designierten Nachfolger Wiele sowie Habets als „zwei sehr profilierte Medienexperten“, die viele Transformationsprozesse verantwortet hätten. Brandt selbst hatte die Aufgabe ohne Medienerfahrung übernommen.

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