PersonenMaría Jesús Montero

Spaniens Finanzministerin Montero steht vor Verhandlungsmarathon

Die Andalusierin beerbte Wirtschaftsministerin Calviño als erste stellervertretende Ministerpräsidentin. Doch ihre Macht geht weit über die Wirtschaftspolitik hinaus

Spaniens Finanzministerin Montero steht vor Verhandlungsmarathon

Spaniens Finanzministerin vor Verhandlungsmarathon

ths Madrid

Die Arbeit von María Jesús Montero ist seit Dienstag noch ein wenig schwerer geworden. Die spanische Finanzministerin will nicht nur den Haushalt für 2024 reichlich verspätet noch verabschieden. Sie muss nun auch die katalanischen Separatisten von Junts ins Boot zurückholen, damit die linke Minderheitsregierung im Parlament die nötige Mehrheit bekommt. Junts stimmte nämlich am Dienstag gegen ein neues Gesetz für die Amnestie der Beteiligten rund um das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien 2017. Diese hochumstrittene Maßnahme war der Preis dafür, dass die Separatisten dem Sozialisten Pedro Sánchez im November zur Wiederwahl zum Ministerpräsidenten verhalfen. Doch wollte die Regierung am Ende Junts über das bereits Vereinbarte keine weiteren Zugeständnisse machen. Mit dem vorläufigen Aus der Amnestie hängt die Stabilität von Sánchez in der Luft.

Doch genau für solche Situationen machte der Regierungschef Montero zur neuen starken Frau in seinem Kabinett. Durch den Wechsel von Wirtschaftsministerin Nadia Calviño an die Spitze der Europäischen Investitionsbank Anfang des Jahres beförderte Sánchez seine Finanzministerin zur ersten stellvertretenden Ministerpräsidentin. Während sich Calviño weitgehend auf die Koordination der Wirtschaftspolitik der Koalition beschränkte, hat Montero über die Finanzen hinaus eine gewichtige politische Rolle. Die Andalusierin ist nämlich auch die Nummer zwei hinter Sánchez in der Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE. Das macht Montero zur mächtigsten „vicepresidenta“ seit langem.

Die 57-Jährige studierte Medizin in ihrer Heimatstadt Sevilla, wo auch ihre politische Laufbahn begann. Montero wurde 2004 Gesundheitsministerin der andalusischen Regionalregierung, bevor sie 2013 das Finanzressort in Andalusien übernahm. Als Sánchez 2018 durch ein konstruktives Misstrauensvotum an die Macht kam, holte er die streitsame Andalusierin ins Finanzministerium in Madrid. Von 2020 bis 2021 war Montero zusätzlich Regierungssprecherin. Die Medizin-Kenntnisse waren bei den zahlreichen Pressekonferenzen während der Corona-Pandemie hilfreich und machten sie landesweit bekannt.

Hinter dem klangvollen andalusischen Akzent steht eine versierte, fachkundige und kampfbereite Rednerin. Montero versucht die sozialpolitische Agenda der Linksregierung mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung zu vereinbaren. „Wir haben diesmal ein anderes Rezept angewandt als bei der vorherigen Krise“, unterstreicht Montero. „Die Austerität wäre absolut kontraproduktiv fürs Wachstum gewesen“, so die Ministerin. Zur Finanzierung der erhöhten Sozialausgaben bittet sie gerne Besserverdiener und Großkonzerne zur Kasse, etwa mit der Sondersteuer für Banken und Energieversorger. „Ohne ein gerechtes Steuersystem gibt es keine soziale Gerechtigkeit“, lautet ihr Credo.

Hoffen auf Dialogbereitschaft

Es wird ein kompliziertes Puzzle, die Forderungen der linken Koalitionspartner sowie die von fünf regionalen und nationalistischen Parteien in der Finanzplanung unterzubringen, ohne das erklärte Ziel eines Haushaltsdefizits von 3% in diesem Jahr zu gefährden. Die Ministerin verweist darauf, dass man die Lücke von 10,1% im Pandemiejahr 2020 auf 4,7% 2022 und geschätzt an die 4% im vergangenen Jahr gedrückt hat.

Parallel zum Haushalt muss Montero mit der widerspenstigen Junts verhandeln, die weiterhin vom früheren katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont aus dessen selbsterwähltem Exil in Waterloo gesteuert wird. Das ist für sie nichts Neues. Schon bei den monatelangen Gesprächsrunden mit den Separatisten über die Wiederwahl von Sánchez bekleidete Montero eine führende Rolle. Die Ministerin äußerte sich am Mittwoch vorsichtig zur Frage, ob Junts dem Haushalt zustimmen werde: „Das Wichtige und Entscheidende ist, dass Dialogbereitschaft auf allen Seiten
besteht.“