Wagniskapitalgeber

Speedinvest-Gründer Holle züchtet Einhörner

Aus dem österreichischen Jungunternehmer ist ein Wagniskapital­geber für europäische Start-ups geworden: Oliver Holle hat das Geschäft amerikanischer Venture-Capital-Fonds Anfang der 2000er Jahre im Silicon Valley kennen gelernt – und vor zwölf...

Speedinvest-Gründer Holle züchtet Einhörner

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Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Aus dem österreichischen Jungunternehmer ist ein Wagniskapital­geber für europäische Start-ups geworden: Oliver Holle hat das Geschäft amerikanischer Venture-Capital-Fonds Anfang der 2000er Jahre im Silicon Valley kennen gelernt – und vor zwölf Jahren auf Europa übertragen. Inzwischen verwaltet der von ihm mit gegründete Wagniskapitalgeber Speedinvest aus Wien 500 Mill. Euro für mehr als 400 private und institutionelle Investoren.

Die Hälfte des Geldes steckt in 200 Beteiligungen an Jungunternehmen – darunter auch die beiden deutschen Einhörner mit einer Milliardenbewertung Wefox, ein Versicherungs-Start-up, und Tier Mobility, ein E-Scooter-Verleih. Die übrigen 250 Mill. Euro „Dry Powder“ stehen für neue Investments zur Verfügung. Damit ist Speedinvest der insgesamt aktivste Frühphaseninvestor im deutschsprachigen Raum.

„Die Branche hat sich in jüngster Zeit sehr verändert. Bis vor kurzem konkurrierten die Start-ups um das Geld eines Investors. Inzwischen ist es fast umgekehrt“, sagt Gründer Holle im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Die Bewertungen sind stark gestiegen, weil auch die großen Investmenthäuser sich in immer früheren Phasen an Start-ups beteiligen.“ Europa nähere sich damit der internationalen Normalität, aber hiesige Start-ups seien immer noch um ein Drittel günstiger bewertet.

„Über den finanziellen Erfolg un­seres Portfolios entscheiden immer einige wenige positive Ausreißer“, erklärt Holle. In der Vergangenheit waren das vor allem die heutigen Einhörner mit einer Milliardenbewertung – das Versicherungs-Start-up Wefox (4,3 Mrd. Euro) und der E-Scooter-Verleiher Tier Mobility (1 Mrd. Euro) in Deutschland sowie die Schüler-Lernplattform Gostudent und die Handelsplattform für digitale Assets Bitpanda in Österreich. Bei Gostudent beispielsweise hat sich die Bewertung binnen eines Jahres verhundertfacht. „Besonderes Potenzial sehen wir in unserer Beteiligung am deutschen Jungunternehmen Schüttflix, einem Marktplatz für Baustoffe, den die großen Baukonzerne nutzen. Wenn wir ein Investment erwägen, prüfen wir besonders stark, ob das Gründerteam das richtige ist, um die Geschäftsidee voranzutreiben, und ob es sich um einen großen und wachsenden Markt handelt.“

Ein Selbstläufer war der heutige Erfolg von Speedinvest keineswegs. 1997 arbeitete Holle, der in Wien studiert hat, gerade an seiner Doktorarbeit in Wirtschaftswissenschaften an der Columbia University, als er beschloss, den Weg zu wechseln und ein Unternehmen zu gründen. Das war, lange bevor Europa mit Begriffen wie „Start-up“ vertraut war.

Die Entscheidung, selbst Entrepreneur zu werden, legte den Grundstein dafür, dass Holle 2009 Mitbegründer und Managing Partner von Speedinvest wurde. Nachdem er mit 26 Jahren in der ersten Tech-Blase der frühen 2000er Jahre in Wien mit dem Computerspiele-Start-up Sysis viel zu viel Geld (4 Mill. Euro) aufgenommen und alles ausgegeben hatte, kämpfte die Firma drei lange Jahre gegen die Insolvenz, bevor ihnen die Entwicklung eines Online-Stores für mobilen Content für Ericsson gelang. Holle fusionierte 2004 sein Unternehmen mit zwei anderen Start-ups (Xidris und Connovation) zur 3 United AG – einem Unternehmen für mobile Inhalte und Messaging.

Nachdem 3 United 2006 vom US-Kon­zern Verisign für 55 Mill. Euro übernommen wurde, arbeitete Holle zwei Jahre für einen US-Tech-Unternehmer. Im Silicon Valley lernte er das Venture-Capital-Geschäft und gewann die Überzeugung, dass es sich auf Europa übertragen ließe. Trotz vieler Warnungen starteten Holle und sein Gründerteam Speedinvest und sammelten 2011 – kurz nach der Finanzkrise – für einen winzigen Mikrofonds 10 Mill. Euro ein.

Beim zweiten Fonds im Jahr 2015 waren es dann schon 90 Mill. Euro. Inzwischen haben Investoren ihnen 500 Mill. Euro anvertraut, und das Team ist auf 80 Mitglieder mit Büros in Berlin, München, London, und Paris gewachsen. Die Investmententscheidungen der zwölf Partner sind auf fünf Cluster aufgeteilt: Fintech, Market Places, Industrial Tech, Healthtech und Deep Tech. „Wir unterscheiden uns von vielen Konkurrenten, weil wir mit 80 Mitarbeitern ein größeres Team haben als typische Venture-Capital-Fonds. Mit nach Branchen spezialisierten Teams können wir die Jungunternehmen in der kritischen Phase zwischen Seed-Investment und Series A mit unseren Dienstleistungen beim Wachstum unterstützen“, erklärt Holle.