Bundesbank

Stabwechsel in Hannover

Nach mehr als elf Jahren an der Spitze der Bundesbank-Hauptverwaltung in Hannover verabschiedet sich Stephan von Stenglin. Corina Paetsch wird ihm im Amt folgen. Sie hat die Bundesbank bereits in vielen unterschiedlichen Funktionen erlebt.

Stabwechsel in Hannover

Von Detlef Fechtner, Hannover

Corina Paetsch weiß ziemlich genau, wie die Bundesbank funktioniert, denn sie kennt sie von innen. Und sie kennt sie von unten. Die 48 Jahre alte Rechtswissenschaftlerin war in der Hauptverwaltung in Nordrhein-Westfalen tätig, als die noch Landeszentralbank hieß. Sie arbeitete acht Jahre lang als Sachbearbeiterin und Referentin des Bereichs Recht in der Frankfurter Zentrale, bevor sie persönliche Referentin von Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele wurde. 2014 wechselte sie vom Diebsgrund in die Taunusanlage in die Hauptverwaltung Hessen und stieg dort zur Vizepräsidentin auf. Und nun kehrt die in Göttingen geborene Juristin nach Niedersachsen zurück und übernimmt das Amt der Präsidentin der Hauptverwaltung in Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Ihre mehr als zwanzigjährigen Erfahrungen mit allen Themen von A wie Abwicklungssysteme bis Z wie Zahlungsverkehr dürften Paetsch in ihrer neuen Funktion von großem Nutzen sein. Denn Hauptverwaltung der Bundesbank hat viel mit den Mühen der Ebene zu tun – mit der Sicherstellung der Bargeldversorgung, mit der kleinteiligen Aufsicht über regionale Institute und natürlich auch mit der administrativen Leitung einer großen Behörde. Da reicht es nicht aus, eine pointierte Meinung zum Thema Leitzinsen zu haben. Vielmehr ist es ungemein hilfreich, wenn man granulare Kenntnisse über Filialbetrieb, Regulierung und Zahlungsverkehrssysteme mitbringt.

Paetsch werde die Leitung eines „wohlbestellten Hauses“ übernehmen, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel beim Festakt anlässlich des Amtswechsels in Hannover. Er müsste das eigentlich ganz gut einschätzen können, denn der Bundesbankchef startete seine berufliche Karriere in der damaligen Landeszentralbank und heutigen Hauptverwaltung in Hannover – seinerzeit als Büroleiter von Präsident Hans Helmut Kotz, den viele in Frankfurt aus seiner anschließenden Zeit als Bundesbank-Vorstand kennen.

Nagel begrüßte nicht nur Paetsch im neuen Amt, das sie in gut einer Woche antreten wird, sondern war auch an seine alte Wirkungsstätte gereist, um den amtierenden Präsidenten Stephan von Stenglin zu verabschieden. Der 65-jährige Volkswirt geht nach mehr als 30 Jahren in Diensten der Bundesbank in den Ruhestand.

In Rom und Washington

Anders als seine Nachfolgerin war von Stenglin für die Bundesbank auch im Ausland tätig – etwa als Repräsentant der Bundesbank in Italien oder als Vize-Exekutivdirektor beim Internationalen Währungsfonds. In beiden Fällen war das Timing perfekt – zumindest wenn man Freude an delikaten diplomatischen Aufgaben und hitzigen politischen Kontroversen hat. In Rom war von Stenglin, als die Erfüllung der Kriterien für die Mitgliedschaft in der Währungsunion überprüft wurde – und neben Belgien vor allem Italien wegen des hohen Schuldenstands kritisch beäugt wurde. Die Legende ist überliefert, dass von Stenglin den damaligen Bundesbankpräsidenten Hans Tietmeyer bei seinen Gesprächen in Rom mit einem kleinen Fiat von Ort zu Ort chauffiert hat. Beim IWF in Washington war der passionierte Hobbyruderer dann wiederum pünktlich in den Hochzeiten der Staatsschuldenkrise. Zur Erinnerung: Die ersten Unterstützungsprogramme für Griechenland enthielten noch umfangreiche IWF-Tranchen.

Als „Botschafter der Bundesbank“ würdigte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die gut elf Jahre von Stenglins an der Spitze der Hauptverwaltung. Gemeinsam mit Nagel zollte Weil dem scheidenden Präsidenten Respekt für dessen unermüdliche Aktivität. Es sei ihm berichtet worden, dass von Stenglin über die gesamte Amtszeit hinweg nicht eine einzige Teilnahme an einer Veranstaltung abgesagt habe, zu der er eingeladen wurde, um die Bundesbank zu repräsentieren, erzählte Nagel. Das sei ihm selbst nicht gelungen – und er sei gerade erst knapp drei Monate im Amt.