Umgezogen: Sanofi-Chef Chris Viehbacher
Von Gesche Wüpper, ParisDie Enthüllung der Tageszeitung “Le Monde”, dass Sanofi-Chef Chris Viehbacher seine Koffer in Paris gepackt hat und an die amerikanische Ostküste umgezogen ist, hat in Frankreich eine neue Debatte über die Standort-Attraktivität der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone ausgelöst. Immerhin handelt es sich bei Sanofi um den größten Pharmakonzern Frankreichs – und bei Viehbacher um einen ausländischen Manager, der bereits 2003 als Mitglied der Ehrenlegion ausgezeichnet wurde. Zudem ist Viehbacher nicht der Einzige, der dem Leben wie Gott in Frankreich “Adieu” sagt. Denn François-Henri Pinault, Chef des Puma-Mutterkonzerns Kering, soll ebenfalls mit einem Umzug liebäugeln – nach London.Sanofi bestätigte die Information, dass der 54-jährige Deutsch-Kanadier in die Nähe von Boston übergesiedelt sei. Der Pharmakonzern betonte jedoch, dass der Umzug des Managers vor allem familiäre Gründe und keine Folgen für das Funktionieren des Zusammenspiels in der Unternehmensführung habe. Neben Viehbacher wohnen bereits drei andere Mitglieder des zwölfköpfigen Exekutivkomitees von Sanofi in den USA: Forschungschef Elias Zerhouni, Strategie-Chef David-Alexandre Gros und Genzyme-Chef David Meeker. Sanofi hatte das auf seltene Erbkrankheiten spezialisierte Biotech-Unternehmen aus Boston 2011 übernommen.”Ich mag Boston”, erklärte Viehbacher, Absolvent der Queen’s University in Ontario, bereits 2012 dem “Boston Business Journal”. “Ich glaube nicht, dass es einen anderen Ort gibt, an dem es innerhalb eines Radius von fünf Meilen so viel Talent, so viel Venture Capital, so viele Biotech-Unternehmen gibt.” Neben der Begeisterung des Vaters von drei Kindern für das Geschäftsumfeld im Bundesstaat Massachusetts sollen nach Angaben der französischen Wirtschaftszeitung “Les Echos” aber auch steuerliche Gründe durchaus eine Rolle bei der Umzugsentscheidung gespielt haben.Der in Kanada geborene Manager, der seine Karriere als Wirtschaftsprüfer bei PwC begann, habe bei seinem Amtsantritt bei Sanofi 2008 ausgehandelt, dass er fünf Jahre lang von der Vermögenssteuer ISF befreit werde, berichtet das Blatt. Diese Sonderregelung habe nun offenbar nicht verlängert werden können. Zudem habe Viehbacher in Frankreich schmerzhafte Erfahrungen machen müssen, als ihn Reindustrialisierungsminister Arnaud Montebourg 2012 zwang, den im Rahmen der Restrukturierung von Forschung & Entwicklung geplanten Stellenabbau nach unten zu korrigieren. Lächeln auf dem GolfplatzBevor Viehbacher bei Sanofi begann, arbeitete er 20 Jahre lang für den britischen Pharmariesen GlaxoSmithKline, zunächst als Finanzchef der Deutschland-Tochter, später als Frankreich- und schließlich als Nordamerika-Chef. Während dieser Zeit handelte sich der verheiratete Golfspieler den Spitznamen “smiling killer” ein. Der Manager, der fließend Deutsch, Englisch und Französisch spricht, wurde zudem lange Zeit als einer der möglichen Nachfolger des damaligen GlaxoSmithKline-Chefs Jean-Pierre Garnier gehandelt, unterlag jedoch dem Amerikaner Andrew Witty. Stattdessen ging Viehbacher zu Sanofi. Nachdem der Pharmakonzern in den letzten Jahren den Patentverlust wichtiger Blockbuster deutlich zu spüren bekam, erwartet er für 2014 erstmals wieder einen Gewinnanstieg.